Auch die Stadt Würzburg hatte ihren Anteil an der Geburt, berichtet Hartfried Groksch, der die gGmbH noch bis Ende April leitet. Die Stadt gab Langzeitarbeitslosen bis Ende der 1990er- Jahre Berechtigungsscheine für Möbel. »Das wurde damals umgestellt, die Menschen sollten Geld bekommen«, erzählt Groksch. Das Geld reichte allerdings bei Weitem nicht, um sich stilvolle Tische oder Stühle anzuschaffen.

Die Stadt wünschte, dass es irgendwo in Würzburg günstiges Gebrauchtes für Sozialhilfeempfänger gibt. Genau das bietet das Sozialkaufhaus seit Anfang 1997 in den verwinkelten Räumen eines ehemaligen Matratzengeschäfts an. Gegründet wurde die gGmbH vom Diakonischen Werk und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Würzburg. Die Gründer wollten allerdings mehr für Arbeitslose tun, als sie nur mit erschwinglichem Hausrat und billiger Kleidung zu versorgen. Das Sozialkaufhaus sollte auch Arbeitslose beschäftigen.

Konzept und Container

Mit 15 Langzeitarbeitslosen ging es los. Auf 600 Quadratmetern wurden Sofas, Esstische, Jacken, Pullover, Tassen, Gläser und Teller verkauft. »Damals kamen am Tag im Durchschnitt 20 Kunden zu uns«, erinnert sich der scheidende Geschäftsführer. 170 Mal klingelt momentan täglich die Kasse. Noch sehr viel mehr Neugierige kommen mal eben vorbei zum Schauen.

Verkaufsfläche und Lager umfassen 2000 Quadratmeter. Außerdem hat das Mutterhaus Töchter bekommen: In Stadt und Landkreis Würzburg existieren inzwischen sechs Brauchbar-Filialen. Es gibt 30 fest angestellte Mitarbeiter, die einst zu Brauchbar kamen, weil sie trotz langer Suche keinen Job gefunden hatten. Dazu gehört Maria Weidner. Seit 15 Jahren gehört sie dem Brauchbar-Team an. Damals suchte sie eine Stelle, nachdem ihre fünf Kinder aus dem Gröbsten raus waren. Heute fungiert sie als Verkaufsleiterin im Sozialkaufhaus.

Das Sozialunternehmen sollte – zumindest offiziell – von Anfang an Menschen in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln. Gelungen ist es in all den Jahren allerdings kaum. Was Hartfried Groksch jedoch nicht überrascht. Die Menschen, die bei Brauchbar landen, seien nun mal keine Traumkandidaten für Arbeitgeber. Alle haben vielfältige Probleme, kaum jemand bringt die auf dem ersten Arbeitsmarkt geforderte Leistung. »Wir nehmen auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht«, sagt Groksch. Im knallharten Konkurrenzkampf sei dies jedoch kaum möglich: »Weshalb unsere Mitarbeiter allenfalls mal ein halbes Jahr von einer Zeitarbeitsfirma genommen werden«. Dies sei jedoch für ihn keine Integration.

Diskussion um Wettbewerbsneutralität

Bis zu 100 Langzeitarbeitslose könnten bei Brauchbar einen Ein-Euro-Job ableisten. Doch nur jede zweite Stelle ist derzeit besetzt. Die Jobcenter weisen nicht mehr Menschen zu. Immer wieder einmal wird die Frage aufgeworfen, ob das Sozialkaufhaus »wettbewerbsneutral« ist. Denn nur dann sind Ein-Euro-Jobber erlaubt. Nach langen Diskussionen wurde Brauchbar zuerkannt, keine Konkurrenz zu den zahlreichen anderen Second-Hand-Läden in der Mainstadt darzustellen.

Thomas Johannes weiß, dass solche Debatten jederzeit wieder aufflammen können. Deshalb will Grokschs Nachfolger Brauchbar neu ausrichten: »Schon ab diesem Jahr soll es erstmals Zuverdienstarbeitsplätze geben.« Die sind gedacht für Menschen mit einer Behinderung, die ein kleines Einkommen, etwa aus einer Rente, aufbessern möchten. In spätestens zwei Jahren will sich Brauchbar hin zu einem Betrieb mit Inklusionsarbeitsplätzen entwickeln. Dann erhalten Schwerbehinderte im Sozialkaufhaus einen festen Job.

Auch inhaltlich hat Thomas Johannes schon für Neuerungen gesorgt. So fallen seit Mitte vergangenen Jahres Altkleidercontainer mit der Aufschrift »Wertstofftäter« im Stadtgebiet auf. Brauchbar will sich über die Sammelbehälter einen neuen Warenkanal eröffnen. Acht Container können bereits gefüttert werden. Bis Jahresende sollen sieben weitere aufgestellt sein.

www.brauchbarggmbh.de