Achtklässler des Dag-Hammarskjöld-Gymnasiums Würzburg führen andere Schüler tief in das 16. Jahrhundert hinein. Sie haben aus der aktuellen Sonderausstellung »Zwischen Riemenschneider und Reformation: Peter Dell der Ältere« im Museum für Franken elf Exponate ausgewählt. Die interpretieren sie vom 12. bis zum 15. Dezember vor Kindern ab dem Grundschulalter. Dell wurde besonders mit Holzreliefs bekannt, die etwa die Todsünden und andere theologische Themen behandeln.

47 Schüler des evangelischen Gymnasiums am Würzburger Frauenlandplatz näherten sich in Vierergruppen den spätgotischen Schnitzereien. Die sind ein »eher etwas spröder Stoff«, wie Schulleitungs-Mitglied Christian Herpich einräumt. Aber: Seit Langem schon sucht er einen Zugang, »wie sich Schüler mit dem Thema Reformation und Bild auseinandersetzen können, ohne dass es zu trocken wird«. Eine naheliegende Lösung: »Wenn Schüler selbst ihre Mitschüler durch eine solche Ausstellung führen, dann kommt Leben rein.«

Projekttage gehen nicht verloren

Auf Erfahrungen mit Schüler-für-Schüler-Führungen konnte Herpich zurückblicken, allerdings hatte er früher mit Aids- und Drogen-Aufklärungsschauen des Diakonischen Werks gearbeitet. Die Geschichtslehrerin Katharina Schleifer betrat mit dieser Art von Wissensvermittlung Neuland. Von der Aktion erhofft sie sich »einige Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung«. Bei den Führungen stünden die jungen Leute »plötzlich im Mittelpunkt, erfahren, dass sie wichtig sind. Und sie müssen aus vielen Informationen die wichtigen auswählen«.

Die jungen Laien-Museumspädagogen haben den Stoff an den vier Tagen Mitte Dezember teilweise spontan aufzubereiten. Schleifer erläutert: »Einer Klasse mit Zehnjährigen müssen sie die Dinge anders erklären als einer neunten oder zehnten Jahrgangsstufe.« Christian Herpich ergänzt zum pädagogischen Nutzen: »Durch unsere Zusammenarbeit mit dem Museum erfahren die Schüler: Schule existiert nicht allein für sich, sondern ist vernetzt mit der Welt da draußen.«

Materialerschließung über den Arbeitsauftrag

Nur: Wie interessiert man 14-Jährige für Holzreliefs aus der Zeit bis zum Jahr 1550, und das auch noch so, dass sie dieses Interesse weitergeben möchten? Sehr gute Arbeit habe die Museumspädagogin auf der Festung, dem Sitz des Regionalmuseums, geleistet, sagt Katharina Schleifer: »Die Schüler bekamen Arbeitsblätter und mussten gleich auf bestimmte Details achten. Sie gingen sofort auf Rätselsuche und konnten gar nicht mit den Exponaten fremdeln.« Über den Arbeitsauftrag habe sich das Material erschlossen, so Christian Herpich: »Da kam es auf den Geschmack und das persönliche Gefallen nicht an.«

Einen ganzen Tag lang setzten sich die zwei Klassen mit der kunsthistorischen Seite der elf ausgewählten Ausstellungsstücke auseinander, einen zweiten Tag übten sie die Vermittlung – Rhetorik bis hin zur Körpersprache. Auch hier stellte das Museum für Franken die Referentin.

Völlige Freiheit für die Schüler

Die notwendige Extra-Zeit für solche Aktivitäten außerhalb des Lehrplans steht am Dag-Hammarskjöld-Gymnasium an sogenannten SELF-Tagen zur Verfügung. SELF ist das Kürzel für das hauseigene Konzept »Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit im Lernen und gezieltes Forschen«. SELF-Tage sind für Herpich besser in die Bildungsarbeit integriert als Projekttage am Schuljahresende. Wobei der Pfarrer betont: »Die Schüler haben volle Freiheit in der Art ihrer Präsentation, und es sind ihnen keine Inhalte vorgeschrieben.«

Für die Museumspädagogin Veronika Genslein sind die Führungen auf der Festung »ein Wagnis, weil Schüler sich ganz individuell mit dem Thema auseinandersetzen. Aber genau das ist auch gut, weil man eine Ausstellung dann aus einer ganz anderen Perspektive sieht«. Das Museum für Franken lud die Schulen der Region zu den Schüler-für-Schüler-Führungen ein. Besuche der eigenen siebten Klassen hat das Dag-Hammarskjöld-Gymnasium bereits gebucht.