Herr Dittmar, in welcher Form sind ehrenamtliche Kirchenvorstände von den Ermittlungen betroffen?

Jörg Dittmar: Sie bekommen Briefe von der Staatsanwaltschaft und sollen dann angeben, wer bei der Entscheidung für ein Kirchenasyl alles mitgewirkt hat. Auch wenn abzusehen ist, dass die Ermittlungen eingestellt werden, droht die Staatsanwaltschaft im Wiederholungsfall mit Sanktionen, zum Beispiel Bußgeldern. Unsere Kirchenvorstände fühlen sich massiv bedrängt. Und auch ich finde dieses Vorgehen bedrückend. Denn damit werden Ehrenamtliche kriminalisiert, die mit ihrem Engagement geholfen haben, die Flüchtlingskrise zu bewältigen.

 

Bei den Ermittlungen zum Kirchenasyl geht es in der Regel um den Vorwurf, zum unerlaubten Aufenthalt eines Flüchtlings Beihilfe geleistet zu haben. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?

Dittmar: Ich habe Verständnis dafür, dass die Staatsanwaltschaft in den Fällen ermittelt. Wenn ein Verdacht einer Straftat besteht, dann muss sie das tun. Wir wollen da in der Kirche nicht anders behandelt werden als andere. Tatsache ist aber auch, dass wir die Menschen, denen wir Kirchenasyl gewährt haben, zu keinem Zeitpunkt dem staatlichen Zugriff entzogen haben. Personalien und Aufenthaltsort wurden unverzüglich allen zuständigen Behörden mitgeteilt. Man kann es den Pfarrern und Kirchenvorständen nicht anlasten, dass die Polizei diese Menschen nicht aus dem Asyl herausgeholt hat. Das wäre jederzeit möglich gewesen. Man behandelt uns jedoch, als hätten wir Flüchtlinge heimlich im Keller versteckt. Das ist völlig unangemessen.

 

Wie wollen Sie auf das Vorgehen gegen Ehrenamtliche reagieren?

Dittmar: Die betroffenen Kirchengemeinden haben von der evangelischen Landeskirche einen Rechtsbeistand gestellt bekommen. Wir klären derzeit, inwieweit die Staatsanwaltschaft das Recht hat, die Protokolle von Kirchenvorstandssitzungen einzusehen. Im Moment geht es um zwei Kirchengemeinden im Dekanatsbezirk. Wir hatten aber eine ganze Reihe von Kirchenasylen. Würde da gegen alle Kirchenvorstände ermittelt, dann wären sehr viele Menschen betroffen.