Was wäre gewesen, wenn Luther es nicht geschafft hätte, damals beim Verhör vor Kardinal Cajetan im Jahr 1518? Da floh der Reformator bei Nacht und Nebel durch eine Pforte in der Augsburger Stadtmauer, um seiner Verhaftung zu entgehen. Was aber, wenn der Fluchthelfer den Schlüssel vergessen oder das Schloss geklemmt hätte? Vielleicht hätte es dann die Reformation gar nicht gegeben?

Die Antwort darauf geben die »Schwarzarbeiter« in ihrem neuen Programm. Bereits im zwölften Jahr nimmt das Augsburger Kabarett-Ensemble aus sieben Pfarrerinnen und Pfarrern den Kirchenalltag aufs Korn: mal witzig, mal bissig, mal nachdenklich. »Wenn wir uns das Programm überlegen, fragen wir uns am Anfang meistens: Was ärgert uns in der Kirche?«, sagt Wolfgang Wunderer. »Das bietet dann immer ausreichend Stoff für die Arbeit an den Stücken.«

Wunderer hat das evangelische Kirchen-Kabarett zusammen mit seiner Frau Heide im Jahr 2005 gegründet. Anlass war das 450-jährige Fest des Augsburger Religionsfriedens. »Die hatten damals so viele ernste Dinge im Programm. Da haben wir die ›Schwarzarbeiter‹ ins Leben gerufen«, erinnert sich der Pfarrer im Ruhestand. Der Name des Kabaretts spiegelt einerseits die schwarze Arbeitskleidung der Pfarrer wider. Er steht aber auch dafür, dass die Satiriker-Truppe mit ihrem kritisch-humorigen Blick auf die Dinge ihre Kirche immer ein wenig verändern will.

Von der Hundehostie bis zu Heini und Reini

»In den Gemeinden gibt es einen reichen Fundus an kabarettistischen Themen, über die wir uns im Alltag jedoch nicht lustig machen können«, meint Heide Wunderer. Auf der Bühne sei das möglich. »Und man kann den Leuten bewusst machen, was nicht gut läuft in der Kirche«, sagt die Pfarrerin im Ruhestand. Am Ende, ergänzt ihr Mann, »soll jedoch das Lachen überwiegen, nicht die Kritik«.

Gelacht wird jedenfalls reichlich bei den Schwarzarbeitern. Etwa wenn die Kabarettisten darüber nachdenken, ob Hunde künftig Hostien bekommen sollen; wenn sie sich darüber lustig machen, wie neuzugezogene Kirchenmitglieder in der Endlos-Warteschleife eines Service-Telefons gefangen bleiben; oder wenn sie Heini und Reini auftreten lassen: Das mittlerweile zum Running Gag gewordene Paar aus evangelischem Landesbischof (Heinrich Bedford-Strohm) und katholischem Kardinal (Reinhard Marx) bekommt im diesjährigen Programm eine Kochshow.

Nicht alles jedoch ist immer nach dem Geschmack der Zuschauer. »Manche Leute verstehen diese Art von Humor nicht«, sagt Micha Seyboth. Es gäbe schon den einen oder anderen, der das Programm als Gotteslästerung empfinde, berichtet der Pfarrer. Und Wolfgang Wunderer erzählt: Auch manche Kirchenoberen hätten schon mal angemerkt, dass man bestimmte Dinge doch so nicht sagen könne. »Wir lassen uns aber nicht reinreden«, betont er: »Wenn die Gruppe eine Nummer für gut befunden hat, dann bleibt sie auch so.«

Die Stücke schreiben die Kabarettisten allesamt selbst – und diskutieren sie auch ausführlich. »Wir wollen niemanden kränken oder verletzen«, betont Pfarrerin Stéphanie Fessler. Dies gelte insbesondere für die katholische Seite, die von den Schwarzarbeitern mitunter ebenfalls auf die Schippe genommen wird. Die eigene Kirche dagegen nehmen die Satiriker schon mal etwas härter ran. Allerdings immer so, dass am Ende noch Raum für ein Lächeln bleibt – wenn auch manchmal ein gequältes: »Schließlich lieben wir unsere Kirche ja«, meint Pfarrer Peter Lukas schmunzelnd.

Wie das Programm beim Publikum ankomme, zeige sich ohnehin erst bei den Aufführungen, sagt Lukas. Dann wisse man, wie die einzelnen Nummern als Ganzes wirken. »Wenn das Publikum nach Hause geht und draußen weiterlacht«, ergänzt Pfarrer Uwe Stenglein-Hektor, der die Klaviermusik zur Aufführung beisteuert, »dann ist das Programm gelungen.«