Sanfte Landschaften neben feinen Bleistiftzeichnungen von Kinderköpfen, experimentelle Bilder mit Metalllegierungen und ein Bild, das menschliche Verzweiflung sozusagen "in Worte" fasst: Das sind Ausschnitte aus dem Spektrum von Hans-Ulrich Thomas künstlerischem Schaffen.

Als junger Student stand Thoma vor der Entscheidung: Pfarrer oder bildender Künstler. Lange hat er mit sich gerungen – schließlich ging es um sein ganzes weiteres Leben. Seine Leidenschaft für bildende Kunst ist schon in seiner Schulzeit entstanden. "Ich hatte einen sehr guten Kunsterzieher, der hat sich richtig Zeit genommen", erzählt Thoma.

Studium der Theologie und Kunst

Nach dem Schulabschluss besuchte er die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg, die 1953 von Otto Kokoschka als "Schule des Sehens" gegründet worden war. Doch schon beim anschließenden Studium fährt der heute 64-Jährige zweigleisig: Er studiert Theologie und ist gleichzeitig an der Akademie der Bildenden Künste in München eingeschrieben.

Nebenher macht er ein Praktikum bei dem aus der DDR stammenden Künstler Joachim Palm. "Der lebte damals als freischaffender Künstler in Schwabing", erzählt Thoma, "und war auch politisch engagiert." In einer Künstlerwerkstatt lerne man eine ganze Menge. "Ich musste die Rahmen zusammenzimmern, sie schmirgeln und beizen und die Bilder grundieren", erinnert sich Thoma. "Aus diesem Kontext heraus erlebt man Kultur ganz anders."

Es sei wie in alten klassischen Werkstätten gewesen: Der Meister habe das Konzept entwickelt, Skizzen gemacht, und der Lehrling durfte leicht zu malende Elemente des Bilds übernehmen, wie Tische oder Stühle. Natürlich habe Palm dann noch mal drüber gemalt, erinnert sich Thoma. "Die Bilder waren 10.000 DM wert. Das war vor 30 Jahren."

Pfarrer und Künstler Hans-Ulrich Thoma.
Pfarrer und Künstler Hans-Ulrich Thoma.

Die Theologie hat also gewonnen. Nach vielen Stationen, darunter mehrere Jahre als Auslandspfarrer in Tokio, ist Thoma jetzt Pfarrer in Altötting. Er hat vier Kinder, die bis auf den Jüngsten schon ihre eigenen Wege gehen. Außerdem macht er sich Gedanken über den Ruhestand, denn im Februar 2018 ist es soweit.

Er und sein Frau haben sich entschlossen, wegzuziehen. "Es ist nicht gut, wenn man intensive Gemeindearbeit gemacht hat, dort zu bleiben", findet Thoma. Selbst wenn sie dann zum fünften Mal neu anfangen müssen.

Thoma: Die Malerei ist wichtig, um die Flut der Bilder zu sortieren.

Aber so ganz losgelassen hat ihn die bildende Kunst nie. Thoma malt, wenn er Zeit dafür hat – eine Ausstellung hatte er auch schon. "Wenn man einmal infiziert ist durch eine Art der künstlerischen Auseinandersetzung, dann begibt man sich ja auch auf die Spur der eigenen Identität", erklärt der Pfarrer. "Unsere Welt ist voller Bilder, durch Handy und Internet werden wir davon geradezu überflutet. Die Malerei ist wichtig, um die Bilder zu sortieren."

Um die Welt zu verstehen, brauche man einen Zugang zu Bildern, ist der Theologe überzeugt. Denn die Kunst sei im Grunde ein Versuch, die Manipulation durch die Bilder abzuwehren. Am Ende hat man das Gefühl, dass der Pfarrer in seinem Leben trotzdem beides hatte: die Freiheit der Kunst und die Sicherheit eines Berufs, der ihn erfüllt.