Auf dem Ausstellertisch von Cora Leroy werden kleine Tütchen hin- und hergeschoben. Eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter tauscht gerade Auberginen-Samen gegen Peperoni-Saatgut. "Das lässt sich leicht mit gutem Ergebnis ziehen", sagt sie mit Blick auf das Kind, das Spaß am Gärtnern gewinnen soll. Cora Leroy vom Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt aus Neumarkt ist gemeinsam mit ihrer Nachbarin als Ausstellerin beim Regensburger Saatguttag im Evangelischen Bildungswerk (EBW) dabei. Was sonst nur von Kleingärtner zu Kleingärtner über den Gartenzaun gereicht wird, steht hier einem großen Hobbygärtnerkreis zur Verfügung. "Das Interesse an solchen Tauschbörsen ist groß", sagt die 51-Jährige, die mit Begeisterung selber Pflanzen und Gemüse züchtet.

Etwa 650 Interessierte haben die Messe im Verlauf des Tages besucht, schätzt der Leiter der Einrichtung, Carsten Lenk. Das Publikum war vom Studenten über Familien bis hin zum Senioren bunt gemischt. "Das Interesse der Menschen am Thema Ernährung ist in den vergangenen Jahren gestiegen", sagt er. 16 Biobetriebe und Umweltorganisationen wurden als Aussteller gewonnen. Die Besucher konnten den Geschmack von Äpfeln aus der Region wie auch von verschiedenen Honigsorten kennenlernen. Ergänzt wurde das Angebot durch sechs Fachvorträge.

Großes Interesse an Ernährung

"Für uns ist die Beschäftigung mit Saatgut Hobby und Leidenschaft", erklärt Judith Hock-Klemm vom Organisatorenteam. "Es geht uns darum, Menschen für den Eigenanbau von Pflanzen und Gemüse zu begeistern", erklärt sie. Damit würden die Vielfalt in den Gärten und das Überleben vieler Insekten gesichert. Doch auch der Erhalt von alten Pflanzen- und Gemüsesorten liegt dem Organisatorenteam am Herzen: "Das Gemüse schmeckt oft ganz anders und intensiver, als wir es aus dem Handel gewohnt sind. Dieses Wissen wollen wir an kommende Generationen weiter geben."

Der Geschmack von Lebensmitteln spielt auch am Stand von Biobauer Andreas Walz aus Amberg eine große Rolle. Der 43-Jährige hat sich auf Getreide spezialisiert. Mit seiner Familie ist es ihm gelungen, alte Getreidesorten wiederzubeleben und diese erfolgreich zu vermarkten. Als "besonders herzhaft" charakterisiert er den Geschmack seines Getreides. "Das kommt bei den Kunden gut an", sagt er und zeigt stolz einen mehr als 2,5 Meter hohen Halm eines Champagnerroggens, den er in seinem Betrieb im Angebot hat. Die Diskussion um den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat habe das Bewusstsein der Menschen für ihre Nahrungsmittel erhöht. "Ich habe das Gefühl, dass sich immer mehr Menschen Gedanken um ihre Lebensmittel machen und sich gesünder ernähren wollen."

Gegen Marktkonzentration

Ein Eindruck, den auch Anja Banzhaf teilt. Die Göttinger Garten- und Saatgutaktivisten stellte bei der Veranstaltung Thesen aus ihrem Buch "Wer das Saatgut hat, hat das Sagen" vor. "Global kontrollieren zehn Unternehmen bis zu 75 Prozent des Saatgutmarkts", erklärt sie. Wer das Saatgut kontrolliere, kontrolliere die gesamte Nahrungsmittelkette, warnt sie. Mit einer weiteren Konzentration auf dem Markt sei zu rechnen. Möglich sei, dass bald nur noch drei Konzerne fast 61 Prozent des Saatguts und rund 65 Prozent der Agrarchemikalien verkaufen. "Ich finde, man sollte über die Interessen nachdenken, die diese Unternehmen verfolgen", erklärt sie.

Weltweit seien in den vergangenen 100 Jahren 75 Prozent der Kulturpflanzenvielfalt verloren gegangen, in Deutschland sogar noch mehr. Für das Saatgut bedeute dies Einheitlichkeit; Vielfalt sei jedoch die Grundlage der Züchtung. Eine zentrale Rolle komme dabei den Biobauern, aber auch den Kleinbauern und Gärtnern zu, die vielerorts für die Unabhängigkeit ihres Saatguts kämpfen und die für Sortenvielfalt stehen. "Vielfalt kann nur von vielen erhalten werden", betont Banzhaf. "Saatguttage leisten durch den Tausch von Samen einen wichtigen Beitrag, um für Artenreichtum in der Landwirtschaft zu sorgen."

Bei Cora Leroy am Tauschstand wechseln derweil Spinatsamen gegen Sonnenblumensaatgut den Besitzer. Leroy versucht, Menschen für die eigene Zucht zu begeistern. Deshalb hat sie das Buch "Gemüsesamen selbst gezogen" geschrieben. 2017 landete sie damit unter den Top 5 der besten Gartenbücher der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft. Ihr Buch berichte davon, wie viel Spaß es mache, selber Blumen und Gemüse zu züchten. "Ich würde mir wünschen, dass sich noch viel mehr Menschen trauen, mit Samen zu experimentieren." Ein leichter Einstieg gelinge mit Tomaten oder Chili, rät sie. "Im schlimmsten Fall schmeckt das Ergebnis nicht. Mehr kann nicht passieren.