Mit Besuchen bei älteren Menschen hat Alina Frey bereits Erfahrung. Schon in der Grundschule habe sie mit dem Schulchor an Weihnachten das Seniorenheim in ihrem Heimatort besucht, erzählt die Studentin. Manche Senioren bekämen nur selten oder gar keinen Besuch von der Familie, sagt sie: "Daher freuen sie sich umso mehr, wenn sie merken, dass junge Menschen sich für sie interessieren und Zeit mit ihnen verbringen wollen."

In diesem Wintersemester hat die Lehramtsstudentin dazu Gelegenheit. Zusammen mit anderen Studentinnen und Studenten nimmt sie am Semesterprojekt der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) Augsburg teil. Vier Mal besuchen die jungen Leute Senioren auf der Geriatriestation der Stadtklinik der Augsburger Diakonissenanstalt, also der Station, auf der ältere Patienten versorgt werden.

Die Studenten rührten die Werbetrommel für das Besuchsprojekt

Man habe in diesem Semester etwas anderes machen wollen, als Vorträge zu organisieren, berichtet Studentenpfarrerin Tabea Baader. So sei die Idee zu den Besuchssamstagen entstanden. "Ich habe mich gewundert, wie schnell sich die jungen Menschen auf das Projekt einlassen konnten, denn niemand ist gerne im Krankenhaus", sagt Baader. Für ihr Projekt rührten die Studenten kräftig die Werbetrommel. Mit einem Plakat machten sie auf die Aktion aufmerksam: "Nicht vergessen: Oma besuchen" heißt es darauf. Wer wollte, konnte der ESG ein Foto von sich und seinen Großeltern schicken. Das Motto: "Post Your Granny".

Etwa zehn Studierende meldeten sich für die Besuchstage. Schon vor Weihnachten kamen sie zum Adventsliedersingen und Sternebasteln ins Krankenhaus. Im neuen Jahr gab es bislang einen Spielenachmittag. "Die jungen Menschen bringen hier Leben und Frische rein", sagt Geriatrie-Seelsorgerin Ursula Bühler, die das Projekt zusammen mit Tabea Baader organisiert.

 

Plakat für die Aktion "Post Your Granny"
Auch mit einem Plakat machten die Studenten an der Uni Werbung für die Aktion.

 

Auf der Geriatrie-Station der Klinik sind Senioren mit Herz- und Kreislaufproblemen untergebracht, Patienten, die einen Schlaganfall hatten oder unter der Parkinson-Krankheit leiden. "Diese Menschen sind krank", sagt Ursula Bühler: "Aber es ist nicht so, dass sie nicht aktiv werden könnten." Die Besuche weckten oft Energie in den Senioren - und täten ihnen gut, meint die Pfarrerin: "Zuwendung und Begegnung sind heilsam."

Diese Erfahrung macht auch Helmut Unglaub. Das Personal in den Kliniken oder im Pflegeheim habe nicht immer die Zeit, sich hinzusetzen und zuzuhören, meint der Referent für Altenheimseelsorge in der bayerischen evangelischen Landeskirche. "Die älteren Menschen haben viele Geschichten zu erzählen. Da ist es wertvoll, wenn jemand sich Zeit für sie nimmt", betont Unglaub.

Die Besuche tun den alten Menschen gut - und den jungen

Umgekehrt lauschten die Studenten den Lebensberichten der Älteren offenbar gerne. Es sei spannend gewesen, andere Geschichten als die ihrer Großeltern zu hören, sagt Geografiestudentin Leonie Leisenheimer. "So habe ich sogar etwas über historische Ereignisse und ihre Wahrnehmung aus unterschiedlichen Perspektiven gelernt." Vor allem aber habe sie gespürt, wie sehr es die älteren Menschen freut, dass jemand Zeit mit ihnen verbringt. "Dadurch habe ich wieder verstärkt Kontakt zu meinen eigenen Großeltern aufgenommen", berichtet Leisenheimer.

Alina Frey ging es ähnlich. Sie erzählt von einer älteren Dame, für die sie beim ersten Besuch Papier-Schneeflocken bastelte. Die Seniorin habe ihr Geschichten von ihrem Leben erzählt, von ihren Enkelkindern und ihrer verschwundenen Katze. "Man hat gemerkt, wie glücklich sie dabei war", sagt Frey: "Und das hat auch mich glücklich gemacht."

Ein weiterer Begegnungsnachmittag steht nun im Februar noch an. Das Fazit von Studentenpfarrerin Tabea Baader ist aber jetzt schon positiv. Sie sei überrascht gewesen, wie gut das Ganze funktioniert. Die Besuche liefen sehr entspannt ab: "Es war wie eine Enkel-Großeltern-Situation." Ein Eindruck, den eine ältere Patientin nur bestätigen kann: "So ein Nachmittag tut uns gut - und den jungen Leuten auch."