Zum Weltgebetstag der Frauen feiern Christen in mehr als 170 Ländern der Erde ökumenische Gottesdienste. Unter dem Motto "Was ist denn fair?" sollen in diesem Jahr unter anderem Armut und Konflikte auf den Philippinen thematisiert werden. Pfarrer Alois Schwarz hat den pazifischen Inselstaat schon oft bereist und lebt seit Anfang des Jahres in Baguio City, einer Stadt im Norden der Hauptinsel Luzon. Dort arbeitet er als Dozent für das Missionswerk der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, Mission EineWelt.

 

Herr Schwarz, von 2001 bis 2003 waren Sie der erste Mitarbeiter aus Bayern der Lutherischen Kirche in den Philippinen. Auch in den vergangenen Jahren sind Sie mehrfach nach Südoastasien gereist. Was fasziniert Sie an dem Land?

Alois Schwarz: Wer hier einmal gelebt hat, den lässt das Land nicht mehr los. Ob in den Kordilleren, einem Gebirge im Norden des Landes, oder an den Küsten, in den Ballungszentren oder den Reis-Terrassen – die Menschen sind herzlich, ihre Kulturen und Sprachen vielseitig. Auch die Landschaft ist mit tropischen Küsten und einem klimatisch gemäßigten Hochland abwechslungsreich. Trotzdem sind die Philippinen kein Paradies. Naturkatastrophen wie erst kürzlich ein Erdbeben im Süden des Landes mit vielen Toten, Vulkanausbrüche und die jährlich wiederkehrenden Taifune richten grausame Schäden an.

Aber auch die politische und soziale Lage ist schwierig.

Alois Schwarz: Die Schere zwischen Arm und Reich, ausbeuterische Löhne, Umweltverschmutzung und korrupte Seilschaften in Wirtschaft und Verwaltung sind Hindernis für Gerechtigkeit. Pro Jahr wandern etwa eine Million junger Menschen aus, um woanders zu arbeiten. Etwa ein Zehntel der Filipinos ist im Ausland tätig. Ihre Überweisungen nach Hause tragen jedoch dazu bei, einen bescheidenen Wohlstand in die Heimat zu bringen. Islamistischer Terror im Süden und das Ende der Friedensgespräche mit der Neuen Volksarmee, einer kommunistischen Rebellenbewegung im Norden, verunsichern die Bevölkerung.

Wie ist die Situation der Frauen auf den Philippinen?

Alois Schwarz: Seit dem Sturz von Diktator Ferdinand Marcos 1986 nehmen Frauen bedeutende Stellungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein. Rechtsanwältinnen, Senatorinnen, Unternehmerinnen und Professorinnen genießen Respekt in der Öffentlichkeit. Ihre Leistungen haben erheblich dazu beigetragen, dass das Macho-Gehabe der Männer abgenommen hat. Mit Corozan Aquino und Gloria Macapagal Arroyo waren auch schon zwei Frauen Präsidentin. Zugleich kämpfen Filipinas mit einer Reihe von Benachteiligungen. Sie müssen sich um die Erziehung der Kinder kümmern, Kindergeld gibt es nicht, häusliche Gewalt wird nicht geahndet und in den Slums der Großstädte sind junge Frauen und Mütter schutzlos der Bandenkriminalität ausgeliefert.

Regionalbischof Felipe Ehat, Gaststudentin aus Japan, Hiroko Yuzuri, der anglikanische Priester Father John und der bayerische Pfarrer Alois Schwarz aus Nördlingen auf den Philippinen.

Im Juni vergangenen Jahres wurde der Politiker Rodrigo Duterte zum Präsidenten gewählt. Er gilt als Hardliner im Kampf gegen Drogenhandel und Kriminalität und fällt durch derbe Tiraden auf. Wie hat sich das Leben seit seinem Amtsantritt verändert?

Alois Schwarz: Nach wie vor genießt "Rody", wie er hier genannt wird, eine hohe Popularität, gerade bei den Armen. Sie haben nichts von dem Wirtschaftswachstum abbekommen, das das Land seit 2010 verzeichnet, und fühlen sich von der Gesellschaft abgehängt. Aber auch Teile der Mittelschicht befürworten seinen kompromisslosen Kampf gegen die Drogen- und Bandenkartelle. Dabei sind mittlerweile 7.000 Menschen getötet worden. Duterte will auch die Todesstrafe wieder einführen, das Abgeordnetenhaus hat bereits zugestimmt.

Es besteht Anlass zur Sorge, dass sich die Philippinen unter Dutertes Präsidentschaft in eine Diktatur verändern könnten. Allerdings sind die demokratischen Institutionen intakt, die Gerichte urteilen unabhängig, Medien berichten frei und kritisch. Die stärkste Opposition ist die katholische Kirche. Das bringt den Präsidenten in Rage und er beschimpft die Bischöfe sogar mit schlimmsten Schimpfwörtern. Aber derartige verbale Ausfälle gefallen dem "Mann auf der Straße". 

Wie feiern philippinische Christinnen den Weltgebetstag?

Alois Schwarz: In den Dörfern findet der Weltgebetstag kaum Resonanz. In den Städten ist das anders. Leider bleiben die Kirchen bei ihren Feiern meist unter sich. Die kirchliche Frauenarbeit hofft jedenfalls, dass der Weltgebetstag einen deutlichen ökumenischen Ruck erfährt. Mit über 80 Millionen Katholiken sind die Philippinen nach Brasilien und Mexiko die drittgrößte katholische Nation der Welt. Nur etwa drei Prozent der Bevölkerung sind evangelisch. Die Lutherische Kirche wurde 1946 gegründet und hat Schätzungen zufolge 30.000 Mitglieder.

Zum Weltgebetstag befassen sich weltweit Menschen mit den Philippinen. Inwiefern können die Filipinas davon profitieren?

Alois Schwarz: Das wird sich erst im Laufe des Jahres herausstellen. Die Christinnen sind dankbar für die Fürbitten, Besuche und Gedankenaustausch mit den Kooperationspartnern. Solidarität ist ein hohes Gut. Das füreinander Einstehen von Frauen aus der ganzen Welt gibt den Frauen hier enorme Kraft.

Legende:

blaue Markierung: vergangene Schwerpunktlänger und ihre Themen (seit 1964)

rote Markierungen: geplante Länder und Themen

grüne Markierungen: Projekte für Frauen und Mädchen, die der Weltgebetstag unterstützt

Mehr zu den Projekten auf: www.weltgebetstag.de/projekte/projektarbeit-weltweit

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