Dass die bayerische Landessynode auch weiterhin von einer Frau geführt wird, war bereits vor der Wahl der neuen Synodalpräsidentin klar. Um das Amt bewarben sich die Augsburger Richterin Beate Schabert-Zeidler (61) und die Biologin Annekathrin Preidel (57) aus Erlangen. Im zweiten Wahlgang setzte sich Preidel mit 54 von 105 abgegebenen Stimmen knapp durch.

Im Vorfeld wurde von manchem bedauert, dass keine »prominenteren« Kandidaten für diese Wahl zur Verfügung standen. Ein Ex-Minister etwa, der die Synode bakannter machen würde. Der Synodalpräsident - besetzt von einem Laien - ist neben dem Landesbischof das zweite herausragende Amt in der bayerischen Kirche.

Doch mit dem ersten Sitzungstag wurde dann gleich deutlich, dass Preidel alles andere als eine Verlegenheitspräsidentin ist. Mit viel Esprit, aber auch sehr zielgerichtet moderierte sie die Tagung. Sie offenbarte gleich zu Beginn ihre direkte und zupackende Art.

In einer ersten Ansprache machte sie deutlich, wofür sie steht. Der »Schatz der Frohen Botschaft« und die Bedeutung des christlichen Glaubens für die persönliche Lebensführung müssten den Menschen wieder neu vermittelt werden, sagt sie. Geld habe für die Kirche eine dienende Funktion für Verkündigung, Seelsorge und Diakonie. Das wahre Kapital der Kirche seien die biblische Botschaft und die Menschen, die den christlichen Glauben leben.

Wert der Kirche nicht an Zahlen bemessen

Als kommende Aufgabe sieht sie deshalb, die christlichen Inhalte zu vermitteln. Dabei dürfe sich die Kirche nicht in erster Linie auf »Dienstleistungen« wie Taufen oder Hochzeiten beschränken, sondern solle stärker »inspirierende Impulse« vermitteln.

Preidel stammt aus Göttingen und zählt sich zum liberalen Lager der Kirche. Seit 2008 sitzt sie in der bayerischen Landessynode, außerdem auch in der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Für die promovierte Biologin ist Gott Kompass und Kraftquelle: »Er traut mir etwas zu, und ich kann auf ihn vertrauen.«

Link-Tipp

Fördern - Initiativ werden - Teilhaben

f.i.t ist die gemeinsame Antwort von Kirche und Diakonie auf die wachsende Armut in Bayern. Auf der Webseite können über eine Landkarte einzelne Projekte angeschaut werden.

Preidel ist tief in der Basis verwurzelt

Preidel ist wie ihre Vorgängerin tief in der Basis verwurzelt, seit 2001 ist sie im Kirchenvorstand der Egidiengemeinde in Erlangen-Eltersdorf aktiv. Ihre Vorstellungen von Kirche sind klar umrissen: »Meine Vision von Kirche ist eine einladende Kirche mit Ausstrahlung, Leuchtkraft, Fröhlichkeit, die die Zeichen der Zeit immer wieder neu erkennt und offen ist für die Fragen, Sorgen und Nöte der Menschen.«

So ist auch ihr großes ehrenamtliches Engagement zu erklären: Sie baut zum Beispiel Netzwerke von Migranten auf, um ihnen eine Stimme zu geben. Seit 2005 ist sie auch Regionalbeauftragte des Projekts »Elterntalk«. Außerdem unterstützt sie das Diakonieprogramm »f.i.t.« (»fördern, initiativ werden, teilhaben«) in Erlangen-Bruck für Bedürftige.

Kirche darf nicht nur zahlenmäßig wachsen

Preidel wurde in der evangelischen Studentenarbeit religiös sozialisiert, sie stand einmal in Göttingen vor der Entscheidung, Biologie oder Theologie zu studieren. Als promovierte Biologin will sie sich nun verstärkt bei existenziellen Themen wie der Präimplantationsdiagnostik und der Sterbehilfe einbringen.

Die Diskussion um die EKD-Mitgliederstudie (Dokument zum Download) sieht sie kritisch: Kirche darf ihrer Meinung nach nicht nur zahlenmäßig wachsen. Auch dürfe man den Wert der Kirche in der Gesellschaft nicht nur an Ein- oder Austritten bemessen.

Preidel bezeichnete sich in ihrer Vorstellung vor den Synodalen als Netzwerkerin und Ideenentwicklerin. Synode sei für sie nicht nur eine »Weggemeinschaft«, sondern auch eine »Denk- und Kreativwerkstatt«.

Preidel ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie liebt die Natur. Im Rahmen ihres f.i.t.-Projekts überwintert bei ihr zu Hause gerade ein kleiner Kräutergarten. »Das ist für mich das Abbild des Paradieses.«

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