Zukunft für den "One Future"-Preis

Kurz vor der organisatorischen Deadline zum Münchner Filmfest wäre im letzten Jahr das Leben des Gautinger "Filmpfarrers" Eckart Bruchner beinahe zu Ende gewesen. Multi­resistente Keime hatten seine Wirbelsäule befallen. Die Ärzte versetzten Bruchner in ein künstliches Koma, es stand Spitz auf Knopf, viele Wochen war er im Krankenhaus.

Viele Jahre – 30 genau – war der beim Münchner Filmfest vergebene "One Future"-Filmpreis der ökumenischen Interfilm-Akademie praktisch in Personalunion mit dem evangelischen Theologen Bruchner verbunden. Nun musste fürs rasch herannahende Filmfest eine schnelle Lösung gefunden werden, sollte es mit dem Preis weitergehen.

Peter Marinkovic (59), Dekan im Münchner Osten und bereits als Jurymitglied der Interfilm-Akademie erfahren, sprang ein – mehr oder weniger übers Wochenende. Er konnte sich dabei auf die etablierten Bruchner-Strukturen stützen. Dabei half, dass der inzwischen 73-jährige "Ecki" Bruchner nicht nur bei Filmfestleiterin Diana Iljine, sondern überhaupt in der Münchner Kino- und Festivalszene als Unikum gilt und bekannt ist wie ein bunter Hund. Es klappte – trotz Konfirmationen und Gemeindefestverpflichtungen bei Marinkovic: Der "One Future"-Preis 2016 ging an Hans Steinbichler und seinen Film "Eine unerhörte Frau".

 

»Filmpfarrer« Eckart Bruchner beim Münchner Filmfest 2015.
»Filmpfarrer« Eckart Bruchner beim Münchner Filmfest 2015.
Die Jury der ökumenischen Interfilm-Akademie beim Münchner Filmfest 2017: Peter Marinkovic, Fatima Geza Abdollahyan, Svetlana Belesova, Sampaguita I. Mönck.
Die Jury der ökumenischen Interfilm-Akademie beim Münchner Filmfest 2017: Peter Marinkovic, Fatima Geza Abdollahyan, Svetlana Belesova, Sampaguita I. Mönck.

Erste neue Akzente

Dass Filmpfarrer Bruchner heute, im Frühsommer 2017, wieder Filmseminare halten würde, erschien vor einem Jahr kaum vorstellbar. Beim vollzogenen Stabwechsel wird es aber bleiben: Bruchner wird künftig als Ehrenpräsident der Interfilm-Akademie über die Festivals wuseln.

Nachfolger Peter Marinkovic setzt derweil bewusst eigene Akzente. Er hat die Jury vollständig neu besetzt, zudem verjüngt und auf vier Mitglieder verkleinert. Eine der neuen Jurorinnen hat den "One-Future"-Preis der Interfilm-Akademie bereits selbst erhalten: die Filmemacherin, BR-Redakteurin und Moderatorin Fatima Geza Abdollahyan, 2013 für ihren Film "Freedom Bus" ausgezeichnet. Abdollahyan wurde 1977 in Frankfurt/Main als Kind iranischer Eltern geboren. "Migrationshintergrund" haben auch die anderen beiden Jurymitglieder: Die Schauspielerin und Medienwissenschaftlerin Svetlana Belesova wurde 1988 in Simferopol auf der Krim geboren, die Schauspielerin Sampaguita I. Mönck 1992 in Berlin als Tochter einer Philippina und eines Deutschen.

 

Filmproduzent Artur Brauner mit seiner Frau Maria 2010 auf dem »Boulevard der Stars« in Berlin.
Filmproduzent Artur Brauner mit seiner Frau Maria 2010 auf dem »Boulevard der Stars« in Berlin.
Trailer zur Dokumentation »Marina, Mabuse und Morituri« über Artur Brauner und seine Filmproduktionsfirma »CCC« (Deutschland 2017, 52 Min., Regie Kathrin Anderson).

 

Seit seiner Zeit als Hochschulpfarrer der evangelischen Studentengemeinde ist Marinkovic, der neben Theologie auch Philosophie und Archäologie studiert hat, in der Münchner Filmszene unterwegs. Mit dem Leiter des renommierten Münchner DOK.fest ist die Familie des Theologen befreundet.

Ab dem 23. Juni beginnt mit dem Münchner Filmfest für Marinkovic und die Jury eine Zeit intensiven Sichtens der Festivalbeiträge. Mit dem "One Future"-Preis soll dann ein Film gewürdigt werden, der die Welt in "filmästhetisch überzeugender Weise" zeigt, aber darüber hinaus auch eine "positive Perspektive in die Zukunft" ermöglicht, wie Marinkovic sagt.

Ehrenpreis für Artur Brauner

Ein paar Filme dürfte die Jury wegen ihrer "religiösen" Themen natürlich besonders auf dem Zettel haben: "Cuori puri" vielleicht, einen italienischen Spielfilm über die Liebesgeschichte einer frommen Teenagerin, die ein Keuschheitsgelübde ablegen will, und eines römischen Kleinkriminellen, oder "Layla M.", eine niederländische Produktion über ein muslimisches Pärchen und die Geschichte seiner Radikalisierung.

Mit einem Ehrenpreis für sein Lebenswerk zeichnet die Interfilm-Akadmie auf dem Münchner Filmfest den Filmproduzenten Artur Brauner aus, der im kommenden Jahr 100 Jahre alt wird. Brauner, in Lodz geboren, ist jüdischer Herkunft. Der Holocaustüberlebende wurde nach dem Krieg in Westberlin zu einem der erfolgreichsten deutschen Filmunternehmer. Soweit es seine Gesundheit zulässt, soll Artur Brauner zusammen mit seiner Tochter Alice Brauner, die einen Teil der Firmengruppe seit 2007 leitet, den Preis persönlich entgegennehmen.

Im Anschluss an die Interfilm-Preisverleihung im Münchner Kulturpalast Gasteig (1. Juli, 13 Uhr, Eintritt frei) findet im Rio-Kino am Rosenheimer Platz das traditionelle Filmseminar der Akademie statt (14.30 Uhr, 7,50 Euro). Gezeigt wird die Dokumentation "Marina, Mabuse und Morituri" (Deutschland 2017, 52 Min., Original mit englischen Untertiteln), eine Dokumentation von Kathrin Anderson über das Leben Artur Brauners und die Geschichte seiner Produktionsfirma "CCC" (Central Cinema Company). Anschließend findet ein Filmgespräch mit der Familie Brauner und weiteren Zeitzeugen statt.

 

»ONE FUTURE«-PREIS 2017

Der "One Future"-Preis 2017 der ökumenischen Interfilm-Akademie wird am Samstag, 1. Juli, auf dem Münchner Filmfest verliehen (13 Uhr, Black Box im Gasteig, Rosenheimer Straße 5). Der Eintritt ist frei.

Im Anschluss findet das traditionelle Filmseminar der Interfilm-Akademie im Rio Filmpalast am Rosenheimer Platz statt. Gezeigt wird die Artur-Brauner-Dokumentation "Marina, Mabuse und Morituri". Der 1918 in Polen geborene Artur Brauner erhält in diesem Jahr einen Ehrenpreis der Interfilm-Akademie für sein Lebenswerk. (Eintritt 7,50 Euro).

Internet: www.interfilm-akademie.de