Die Amerikaner hätten ihn gerne für ein Gastspiel nach New York geholt. Doch schon die kürzeste Eisenbahnreise empfand der hypochondrische Komiker Karl Valentin (1882-1948) als "geistige Tortur". So blieb der Münchner zeit seines Lebens vor allem in seiner Heimat. Vor 70 Jahren, am 9. Februar 1948, ist Karl Valentin gestorben.

"Ich, Karl Valentin, ein Münchner Komiker, bin der Sohn eines Ehepaares. Aus Gesundheitsrücksichten erlernte ich im Alter von zwölf Jahren die Abnormität und zeigte nach reiflicher Überlegung Talent zum Zeitungslesen. Mein Hang zur Musik ist alltäglich. Am liebsten höre ich zu, wenn ich selbst spiele" -

so charakterisierte sich der Kabarettist, der am 4. Juni 1882 als Valentin Ludwig Fey in der Münchner Vorstadt Au zur Welt kam.

Karl Valentin kam in München zur Welt

Er wuchs in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf, machte eine Schreinerlehre, entdeckte seine Liebe für das Variété und ließ sich dort zum "Vereinshumoristen" ausbilden. In seiner Werkstatt schuf er Bühnenrequisiten. Bereits sein erstes Engagement im Variéte-Zeughaus in Nürnberg war ein Erfolg.

Als der Vater 1902 starb, investierte Valentin sein Erbe in ein "Orchestrion" mit zwanzig Musikinstrumenten, mit dem er durch Deutschland touren wollte. Der Apparat wog acht Zentner und "hatte nur einen Nachteil: Das Publikum war entsetzt darüber", vermerkte Valentin und versuchte es fortan als Volkssänger.

Orchestrion hatte zwanzig Musikinstrumente

"Mein Körpergewicht ist unwichtig, meine Größe länglich, mein Gang beweglich, mein Charakter charakteristisch, meine Haltung lächerlich und mein Hemd farbig", schrieb Valentin und konstatierte: "Ich lebe von der Unsinnsfabrikation, wie die meisten meiner Mitmenschen - Reichstagsabgeordneter gedenke ich bei einem eventuellen Stellungswechsel immer werden zu können".

Karl Valentin ging eine Beziehung ein mit dem Dienstmädchen der Familie, Gisela Royes. 1905 kam die uneheliche Tochter Gisela zur Welt, 1911 heirateten Valentin und Royes in der St. Annakirche in München. Dann lernte Valentin die 18-jährige Sängerin Liesl Karlstadt kennen. Sie wurde seine kongeniale Bühnenpartnerin - und seine Geliebte. Mit Ehefrau Gisela blieb Valentin gleichwohl bis zu seinem Tod zusammen.

Karl Valentin im Variété-Theater

Es folgten Karl Valentins große Jahre - ausverkaufte Variété- Häuser sowie Gastspiele in Wien, Zürich und Berlin, Filmaufnahmen und Schallplattenaufträge. Unaufhörlich kritzelte er mit Bleistiftstummeln Couplets und Sketche, Lieder und Monologe. Mit seinen spindeldürren Beinen, dem faltigen Gesicht eines Leguans und traurigen Augen trat er auf als Schneidermeister Hinkebei, als Alpensängerterzett oder Tiefseetaucher. Er sei ein "seltener, trauriger, unirdischer, maßlos lustiger Komiker", befand Kurt Tucholsky, und Bert Brecht notierte: "Der Mann ist selbst ein Witz."

Auf den Nationalsozialismus reagierte Valentin mit Rückzug. "Karl Valentin bittet uns um die Mitteilung, dass die politischen Witze, die ihm vielfach nachgesagt werden, nicht von ihm stammen", vermerkte die Abendzeitung 1933. Statt aufzutreten arbeitete Valentin an seinem Wachsfigurenkabinett "Panoptikum". Doch wie fast alle Geschäftsideen war das Museum ein Fiasko und musste nach nur 17 Monaten schließen.

Karl-Valentin-Preis wurde erst später geschaffen

Nach dem Krieg konnte Valentin nicht mehr richtig Fuß fassen. Seine Zukunftspläne - eine Singspielhalle, ein Panorama mit Stereoskopbildern oder ein Museum für seine umfangreiche Postkartensammlung - blieben Zettelträume. Seine Texte seien durchzogen von "Angst, Verzweiflung und Pessimismus", befand der Kritiker Manfred Faust. Der Bayerische Rundfunk lehnte sie mit der Begründung ab, es sei "alter, verstaubter Münchner Humor". Valentin schlug sich mit Schreinerarbeiten durch und starb am Rosenmontag, dem 9. Februar 1948 an einer Lungenentzündung.

In München wurde Karl Valentin erst in den 60er Jahren wiederentdeckt. Es gibt ein "Valentin-Karlstadt-Musäum" am Isartorplatz, den Karl-Valentin-Brunnen auf dem Viktualienmarkt und den "Großen Karl Valentin Preis".