Matthias Schenk ist ein richtiger Rocker. Lange Haare, Fender-T-Shirt, druckvolle Stimme, kräftiges Lachen. Seit mehr als 25 Jahren macht er Hardrock, inzwischen etwas weniger als früher, wegen Job und Familie. Seine zwei Kinder waren auch der Auslöser für das neuste Projekt. Der Bassist und Sänger will demnächst nicht in kleinen Bars oder auf großen Bühnen rocken, sondern im Nenzenheimer Weinfestzelt - am 1. Mai, im Gottesdienst. Extra dafür hat der Musiker zehn Songs geschrieben, das ganze steht unter dem Motto "Rock mit dem Herrn". Wobei er nicht der große Kirchgänger ist: "Ich gehe nur hin, wenn die Kinder gehen."

Doch von Anfang an: Als seine Tochter vor rund drei Jahren getauft wurde, lernte Matthias Schenk den evangelischen Pfarrer des Iphöfer Ortsteils Nenzenheim, Matthias Subatzus, kennen. Die zwei verstanden sich auf Anhieb. Eine Woche nach der Taufe auf dem Gemeindefest war es dann der Rockmusiker, der dem Pfarrer sagte: "Schön war's, aber die Lieder haben mir jetzt nicht so gefallen." Deshalb kündigte er an, eigene Rocksongs für einen Gottesdienst zu schreiben: "Damit halt auch mal ein paar junge Leute wieder in der Kirche hocken." Theologe Subatzus war gleich Feuer und Flamme: "Ich war total angetan von der Idee."

"Schön war's, aber die Lieder haben mir jetzt nicht so gefallen."

Hammondorgel statt Kirchenorgel, Gitarre statt Querflöte, Off-Beat statt Sechs-Achtel-Takt, Rockröhre statt Kopfstimme - so einfach ist die Rechnung für Matthias Schenk aber nicht: "Es gibt ja schon eine ganze Menge christlicher Pop- und Rockmusik." Mit der aber kann er "gar nichts anfangen", sagt der 42-Jährige. Die sei, soweit er sie kenne, "absolut nicht authentisch, eine einzige Lobpreisung, ohne mal irgendetwas zu hinterfragen". Pfarrer Subatzus kennt die christliche Popularmusik-Szene gut, sagt er. In Teilen stimme die Kritik: Vieles sei abgehoben und weit von der Wirklichkeit der Jugend entfernt, die man ansprechen will.

Eigentlich sollten die Songs von Matthias Schenk abends in einem extra Jugendgottesdienst uraufgeführt werden - aber irgendwie kam immer etwas dazwischen. Das mit dem Weinfest habe sich jetzt "einfach so" ergeben, erzählen Pfarrer und Rocker. In das Festzelt passen eigentlich mehr als 2.000 Leute. "Ich wäre schon froh, wenn um die 200 kommen", stapelt Schenk tief. Für ihn ist die ganze Sache "auch ein Experiment": Wie viele kommen, wie finden es die Leute? "Ich hoffe mal nicht, dass sie mit Tomaten und Eiern werfen", sagt er und lacht sein Rockmusiker-Bühnenlachen: "Aber Gott kommt in meinen Songs immer gut weg."

"Gott ist für mich kreative Energie!"

Überhaupt der Glaube. "Ich bin gläubig", betont Rocker Schenk. Aber wohl nicht so, wie sich das die meisten Kirchenleute vorstellen. "Für mich kann man die Schöpfung und Gott nicht auf eine Religion reduzieren", erläutert er. "Gott ist für mich kreative Energie!" Die Songs selbst sind druckvoller, melodiöser Rock. Die Texte oft verbunden mit persönlichen Erlebnissen und Gefühlen Schenks; zwei Songs handeln ganz explizit von seinen Kindern. "Für mich ist es ein großer Reiz, in meiner Mutersprache über Gott zu singen - das ist schon durch die Sprache sehr ehrlich." Im Festzelt-Gottesdienst werden sechs der zehn Songs live gespielt.

Der Auftritt im Gottesdienst am 1. Mai soll aber brav über die Bühne gehen - ohne Gehüpfe à la Angus Young und ohne die unter Rockern beliebte "Pommesgabel". "Wir werden fokussiert unsere Songs spielen, Spaß daran haben und versuchen, das auf die Leute zu übertragen", sagt Matthias Schenk: "Wir wollen in diesem Gottesdienst eine gute Zeit zusammen haben, das soll nicht knüppelernst sein." Sollte das Festzelt voll oder die Stimmung toll sein, würde Schenk sein Rock-Opus für den Gottesdienst auch "exportieren" und mit Armin Gimperlein (Gitarre) und dessen Bruder Christian (Schlagzeug) auch andernorts spielen.