"Innovation entsteht, wenn jeder seinen Weg geht", erklärte Siegfried Schneider, Präsident der BLM, in seiner Begrüßungsrede der media.innovations2017. "Und dann im Austausch miteinander ein dritter oder vielleicht sogar vierter Weg zustande kommt." Was es dafür benötige? Die Offenheit, Projekte zu starten, ohne zu wissen, was am Ende dabei herauskommt.

Diesen Mut müssen Medienschaffende erst einmal besitzen und sich leisten können. Denn die Konkurrenz ist gewaltig: Facebook und Google dominieren in den USA den Werbe- und Nachrichtenmarkt. Tendenziell gilt dies auch für Deutschland, meint der Journalist und Autor Holger Schmidt.

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Gewinnt die Plattform?

Holger Schmidt brachte es mit seinem Vortragstitel "Innovate or Die" auf den Punkt: Wer stehen bleibt und sich nicht weiterentwickelt, bleibt auf der Strecke. Wie können Medienmacher die großen Plattformen umgehen? Schmidt bot folgende Lösungsansätze an:

  1. Eine attraktive Nische besetzen

Da Internet-Plattformen immer auf Skalierung setzen und damit den Massengeschmack bedienen, können Leser über spezielle Nischen-Themen abgeholt werden.

Der Sport-Streamingdienst "DAZN", einer der Startup-Unternehmen, das sich bei der Veranstaltung präsentierte, setzt auf Nischensportarten wie Rugby oder Dart, die live im Internet übertragen werden. Das amerikanische Portal Mic.com fokussiert sich auf die Zielgruppe der Millenials und möchte deren New York Times werden.

  1. Wege zu Lesern an Plattformen vorbei bauen

Plattformen bedienen alle Nutzer in gleicher Weise. Dabei kommt es häufig zu einer Informationsflut, die nicht speziell auf eine Zielgruppe, sondern auf die Masse ausgerichtet ist. Medienschaffende sollten daher das Informationsverhalten einer klar definierten Zielgruppe studieren, und versuchen, diese Zielgruppe präzise zu treffen.

The Skimm ist ein Projekt zweier junger Unternehmerinnen, die einen Newsletter etabliert haben, der Nachrichten speziell für die Zielgruppe der Millenials filtert. Bereits vier Millionen Abonnenten erhalten jeden morgen ihre Nachrichten kompakt zusammengefasst.

  1. Plattform-Leser in eigene Leser konvertieren

Eine große Reichweite in den Sozialen Netzwerken ist schön und gut – bringt aber in der Regel kaum Geld. Daher sollte das Ziel, Leser für die eigene Seite zu gewinnen, nicht aus den Augen verloren werden. Auch bei Facebook gilt es, Follower als Newsletter-Leser und damit als Print-Abonnenten zu gewinnen.

Glaubwürdigkeit und Vertrauen wiedererlangen

Der Online-Journalismus steht vor vielen Herausforderungen. Nicht nur Geschäftsmodelle müssen überdacht werden, sondern auch die Art, wie Journalisten arbeiten. Denn eines ist offensichtlich: Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Branche schwinden.

Als Antwort auf Fakenews in den Sozialen Netzwerken stellte Gudrun Riedl, stellvertretende Redaktionsleiterin von BR24 ein besonderes Tool vor – den "FactFox". Der Bayerische Rundfunk entwickelte dieses Tool, um Behauptungen mittels einer Chrome-Browser-Extension per Mausklick schnell und einfach überprüfen zu können. Das System kann Fakten jederzeit erneut ausspielen, überarbeiten oder ergänzen. Redakteure treten damit viel schneller in den Dialog mit Lesern, aus dem sich gegebenenfalls sogar Ideen für neue Artikel ergeben.

Doch der Faktencheck alleine bringt das Vertrauen nicht zurück. Matthias Walter, Nachrichtenchef der RTL2 news, ist davon überzeugt, dass Redakteure sichtbarer werden müssen. "Zuschauer oder Leser möchten ernst genommen werden", sagte Walter. "Wir brauchen eine Kommunikation auf Augenhöhe, damit die Leute verstehen, was wir tun und wer wir sind."  Journalisten müssten sich daher als Persönlichkeiten zeigen, in Sozialen Netzwerken unterwegs sein und sich auch als Marke präsentieren. Zu ihren Aufgaben gehöre, mit dem Leser in einen Dialog zu treten und zu zeigen, wie die Medienbranche arbeite - denn: Transparenz schafft Glaubwürdigkeit.

Moderator Richard Gutjahr resümierte den Job der Journalisten mit den Worten:

"Reporter müssen raus in die reale Welt, aber auch in die digitale Welt, die zu einer neuen Realität wird."

Die Ideen junger Startups für einen neuen Journalismus

Neben den Impuls-Vorträgen der Speaker stellten bei der Tagung media.innovations2017 junge Gründer ihre Projekte vor. Dazu zählten beispielsweise:

Steady - eine Plattform, die es jungen Journalisten ermöglicht, durch Abo-Crowdfunding Geld mit ihrem eigenen Blog zu verdienen.

Spaactor - eine Suchmaschine für Gesprochenes, die die Recherche in Video- und Hörfunkbeiträgen vereinfacht.

Opniary - eine Engagement-Plattform, die Nutzer durch Umfragen zum Dialog anregt und sie dadurch zu aktiven Lesern.

ZeniAd - ein Advertising-Startup, das sich auf Werbung in der virtuellen Welten (VR) spezialisiert hat.

Die 4. Medieninnovationstage der BLM fanden am 26. April 2017 in München statt. Weitere Informationen, Vorträge, Fotos und den Live-Blog zur Veranstaltung finden Sie auf www.mediennetzwerk-bayern.de.