Mitten in der Wüste ist der Sternenhimmel atemberaubend. Am gegenüberliegenden Ufer des Toten Meers sieht man die Lichter von Jordanien, der warme Wüstenwind streicht über die Haut. 45 Gäste aus Unterfranken feiern am Samstagabend (21.10.2017) in Ein Gedi mit den einheimischen Familien 20 Jahre Freundschaft des Landkreises Bad Kissingen mit der israelischen Region Tamar am Toten Meer.

Ins Leben gerufen wurde die Landkreis-Partnerschaft von dem 1921 in Bad Kissingen geborenen Juden Hans Josef Ehrlich. Er emigrierte 1938 ins damalige Palästina, wandelte seinen Namen ins Hebräische um und hieß von da an Joske Ereli. 1977 zog er zu seinem Sohn Neri Ereli in den Kibbuz Ein Gedi. Die Oase am Toten Meer liegt 420 Meter unter dem Meeresspiegel und ungefähr eine Stunde von Jerusalem entfernt. Dort begegnete Joske Ereli  vielen deutschen Touristen und damit begann seine Versöhnungsarbeit.

Der ehemalige Bad Kissinger Jude verwöhnte die deutschen Gäste in Israel

Joskes Sohn Neri Ereli war damals nicht begeistert, dass sein Vater die deutschen Gäste in dem israelischen Kurort so herzlich empfangen und sehr verwöhnt hat. "Immer wenn Deutsche kamen und mein Vater deutsch gesprochen hat, habe ich den Raum verlassen, für mich war das die verbotene Sprache". Daran erinnert sich Edwin Metzler sehr genau. Er hat viele Jahre lang den deutsch- israelischen Jugendaustausch nach Ein Gedi begleitet und den alljährlich im Januar stattfindenden Friedenslauf ins Leben gerufen.

Der 65-Jährige war 45-mal in Israel und ist noch als Ehrenamtlicher die treibende Kraft der Partnerschaft und sehr herzlich willkommen in Ein Gedi: "Wenn du hier zur Tür reinkommst, kommt dir schon einer entgegen und sagt, Servus Edi, schön, dass du da bist und das ist einfach einmalig. Die Leute sagen, ich blühe hier richtig auf". Auch Neri Ereli freut sich inzwischen, wenn Edwin kommt und die beiden sind gute Freunde jetzt. Denn Neris Vater, verfolgt von den Nazis, konnte letztendlich seinen stolzen israelischen Sohn davon überzeugen: "Das sind neue Leute".

Die "neuen Leute" und die Israelis sitzen um das Lagerfeuer herum, die einheimische Band "Ha Makomim" spielt orientalische und internationale Songs und es dauert nicht lange, dann wird getanzt. Barfuß im Wüstensand. Die Nichttänzer vergnügen sich mit Labane, einem schmackhaften Käse, Fladenbrot und israelischem Bier.

Israel - ein spannendes Land

Auch Lena Pfister genießt die Party. Die Pressesprecherin des Landratsamtes ist zum ersten Mal in Israel mit dabei. Die 26-Jährige musste für einen Kollegen einspringen und hat es sich zweimal überlegt, ob sie mitfährt: "Viel zu heiß und da laufen die Leute mit der Waffe rum". Jetzt ist sie total begeistert, vor allem von Tel Aviv. "Die Mischung aus den religiösen und den liberalen jungen hippen Leuten ist extrem spannend. Und ich werde auf jeden Fall wiederkommen".

Die unterfränkischen Gäste hatten vor der Party schon eine Rundreise durchs Land gemacht. Von der jungen Metropole Tel Aviv über die Kreuzritterstadt Akko, zum See Genezareth und an die Grenze zu Syrien und Libanon. Besonders beeindruckt hat Lena Pfister die Herzlichkeit der Menschen. Am Freitagabend waren sie und die anderen deutschen Gäste von den einheimischen Familien zum Kabbalat Schabbat eingeladen,  dem Segen zum Beginn des jüdischen Ruhetages: "Und dann hat die Frau die Tür aufgemacht und wir in Deutschland sagen halt "Hallo" und die Frau hat uns sofort gedrückt und als Freunde betrachtet, diese Herzlichkeit, Wahnsinn".

Man kann sich die Geschichten der Bibel viel besser vorstellen

Auch Oswald Türbl war noch nie zuvor in dem kleinen Land im Nahen Osten: Die Natur fasziniert ihn besonders: "Man kann die Bibel nur verstehen, wenn man das Land gesehen hat, den Gegensatz zwischen Wasser und Wüste. Wenn man die Wüste so erlebt, das ist schon anders". Auch was die Politik angeht, hat er dazugelernt: "Wie Israel politisch dasteht, das erfährt man hier ganz anders, als wenn man es von außen sieht. Es ist viel komplexer und das Land aufzuteilen unter Israelis und Palästinensern ist eine äußerst komplizierte Geschichte".

Dieser Meinung ist auch Kreisrätin Beatrix Lieb. Sie hat sich Israel ganz anders vorgestellt: "viel Krieg und Gewalt, wie man es aus den Medien kennt", aber jetzt schätzt sie die Herzlichkeit der Menschen und "man hat auch so das Gefühl, sie haben trotz aller Krisen so eine gewisse Leichtigkeit zu leben und das möchte ich mit nach Deutschland nehmen, wo wir doch so sicher leben und wir trotzdem oft so ernst und angstbesessen sind".

Deutsch-israelische Freundschaften geschlossen

Viele neue Freundschaften wurden geschlossen auf dieser Reise und andere vertieft. So wie die zwischen den beiden Landräten dem deutschen Thomas Bold und dem israelischen Dov Litvinoff. Die Beiden sind sich einig, dass es nicht einfach ist, eine Partnerschaft 20 Jahre lang am Leben zu halten. Dafür braucht es die regelmäßigen Besuche. "Der Jugendaustausch ist das Wichtigste, um die Partnerschaft aufrecht zu erhalten. Wir kommen jedes Jahr, auch zum Friedenslauf mit Schülern ", meint Landrat Thomas Bold. Er persönlich mag das milde Klima in Ein Gedi sehr und auch die Nähe zu den heiligen Städten wie Jerusalem und See Genezareth verbindet ihn als Christ emotional mit diesem Ort. Dov Litvinov mag die Landschaft in Unterfranken und die höflichen Menschen, das Heilwasser jedoch findet er nicht besonders schmackhaft.

Das Tote Meer muss vor dem Austrocknen gerettet werden

Bad Kissingen und Ein Gedi sind beides Kurorte, und so ist auch der Tourismus ein gemeinsames Thema und verbindet die beiden Landkreise. Ein Gedi lebt von der gesundheitsfördernden Heilwirkung der Luft und des Wassers des Toten Meeres, vor allem bei Hautkrankheiten. Doch das große Problem ist, dass das Tote Meer aufgrund von Wassermangel langsam austrocknet und ganz verschwinden wird, wenn nicht jetzt etwas dagegen unternommen wird. Die Region Tamar hat schon jetzt große Probleme damit. Daher planen die Bad Kissinger zusammen mit Ein Gedi ein neues ambitioniertes Projekt: Die Rettung des Toten Meeres. Mit Hilfe einer Gruppe von Schülern aus Bad Kissingen, Ein Gedi und Jordanien soll dieses große ökologische Problem in Angriff genommen werden.

Die gemeinsamen Projekte gehen weiter und fördern und vertiefen die Freundschaft. Die Party geht zu Ende mit ein paar deutschen Liedern begleitet von der israelischen Klarinette in der milden Wüstennacht.