Mich hat in erster Linie der künstlerische Aspekt der Madonna interessiert«, gab Hörl, gleichzeitig Professor und Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, bei der Vorstellung der Figuren zu. Jedoch sehe er in dieser Madonna ein subversives Element: Der nach wie vor unbekannte Nürnberger Bildschnitzer habe in seinem Werk den reformatorischen Gedanken seiner Zeit aufgegriffen, als das moderne Europa im Entstehen begriffen war. Dazu passe die elegant geschwungene Körperhaltung und die jugendlich wirkende Ausstrahlung der Madonna. Somit bleibe sie zeitlos und passe in ihrer Reinkarnation als Kunstprojekt perfekt zur Stadt Nürnberg, die sich als Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2025 bewerben will.

Dass Hörl nach Aufsehen erregenden Projekten wie im Jahr 2003, als er 7000 Hasen aus grünem Kunststoff auf dem Nürnberger Hauptmarkt aufstellte, oder 2013 mit den 500 Richard-Wagner-Figuren, die anlässlich des 200. Geburtstags des Künstlers den Bayreuther Festspielhügel bevölkerten, nun »schon wieder« eine ähnliche Idee umsetzt, stört den Konzeptkünstler nicht: Das sei nun mal seine Art von Kunst. Nach Ende der Installation sollen die Madonnen für 250 Euro pro Stück verkauft werden. Die Finanzierung des Projekts hat Hörl selbst übernommen. »Es geht hier nicht um Geldverdienen, ich mache das für Nürnberg«, sagte der Künstler. Alleine die erste Gussform habe 15 000 Euro gekostet.

Die Nürnberger Madonna befindet sich seit 1880 als Dauerleihgabe der Stadt Nürnberg im GNM. Ursprünglich war die Holzfigur Teil einer für die Nürnberger Dominikanerkirche gefertigten Kreuzigungsgruppe, die neben der Madonna noch aus einem gekreuzigten Jesus sowie einem trauernden Johannes bestand. Der Konvent war im Zuge der Reformation aufgehoben worden.