Diese Fluchtgeschichte schaffte es bis nach Hollywood: Mit einem selbst gebauten Heißluftballon flohen 1979 zwei Familien aus der DDR in die Freiheit und landeten im oberfränkischen Naila. Fast vier Jahrzehnte später wird das Haus der Bayerischen Geschichte im Museum in Regensburg das spektakuläre Objekt in der Dauerausstellung präsentieren. Die Vorbereitungen haben begonnen: 1300 Quadratmeter Ballonhülle werden fachmännisch gereinigt und fit gemacht für das neue Ausstellungshaus.

Frank Stumpf, Bürgermeister der Stadt Naila, war selbst am 16. September 1979 dabei: »Die Landung war bei uns die Sensationsmeldung – und hat sich wahnsinnig schnell in ganz Naila herumgesprochen.« Die Ballonfahrer kenne er persönlich, der Ballon wurde der Stadt geschenkt. Sie hat das Exponat bis Ende 2020 an das Haus der Bayerischen Geschichte verliehen – und ist stolz darauf, sagt Stumpf: »Diese Fluchtgeschichte ist einzigartig und gehört zu Bayerns Geschichte. Es sollte nie vergessen werden, wie es zu Zeiten des Eisernen Vorhangs war. Welche Risiken Menschen auf sich genommen haben, um in die Freiheit zu kommen. Mit unserer Leihgabe können wir dazu beitragen.«

Objekt Nummer 1 im Museum

Für das Haus der Bayerischen Geschichte, das im Museum in Regensburg ab 2018 die Demokratiegeschichte Bayerns zeigt, spielt das Thema eine wichtige Rolle: »Der Ballon hat uns von Anfang an begleitet – er war unsere erste Leihanfrage. Ich möchte mich sehr herzlich bei den Nailaern für die großartige Unterstützung und ihr Vertrauen bedanken«, sagt Richard Loibl, Direktor des Hauses. »Die spektakuläre Flucht steht beispielhaft dafür, Geschichte aus der Sicht von Bürgern zu erzählen.« Neben Ballonhülle und Gondel werden Zeitzeugenvideos und Bilder die Besucher erwarten.

Bayern selbst war jahrzehntelang in vielen Teilen Randgebiet, hinter dem Eisernen Vorhang endete in Zeiten des Kalten Krieges die Welt. In der Generation »Wendejahre« zeigt das Museum die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen Bayerns Ende des 20. Jahrhunderts, so Loibl: »Inzwischen ist Bayern vom Grenzland in die Mitte Europas gerückt und hat gute Beziehungen zu den einst so unerreichbaren Nachbarn, sowohl zu Thüringen und Sachsen als auch zur Tschechischen Republik, aufgebaut.«

»Sind wir schon im Westen?« Mit dieser Frage endete die spektakuläre Flucht am Sonntagmorgen, 16. September 1979, für die Familien Strelzyk und Wetzel in der Nähe von Naila. In der Nacht waren sie mit ihrem Heißluftballon aus der DDR in das oberfränkische Grenzgebiet geflogen. Jahrelange Planung lag hinter Günter Wetzel (geboren 1955) und Peter Strelzyk (1942-2017). Sie hatten sich heimlich Fachliteratur beschafft, ein Brennersystem entwickelt, einen Ballonkorb gebastelt und schließlich tagelang Hunderte Quadratmeter Stoff aneinandergenäht. Immer mit der Angst, entdeckt zu werden. Bereits zwei Fluchtversuche waren gescheitert - erst der dritte gelang. Bei minus acht Grad fuhren die Ballonfahrer – darunter vier Kinder – mit einer Flughöhe von über 2000 Metern über die innerdeutsche Grenze.

Von Hollywood verfilmt

Das Ereignis erregte großes Aufsehen in den Medien, schließlich verfilmte sogar Hollywood die Geschichte unter dem Titel »Night crossing«. Die Original-
objekte werden im Museum Regensburg nun ihre eigene Bühne finden.

Das riesige Exponat stellt die Restauratoren vor große Herausforderungen. Um 1300 Quadratmeter Textilfläche ebenerdig auszubreiten und zu untersuchen, wird ein großes Gebäude benötigt. Im August dieses Jahres ist die Frankenhalle in Naila deshalb drei Wochen lang von den Stoffbahnen des Objekts »belegt«. Der Ballon wird fachmännisch gereinigt, geprüft und aufbereitet. Am Ende werden die Textilbahnen gefaltet und in eine extra angefertigte Vitrine eingebracht, bevor sie voraussichtlich ab November 2018 in Regensburg zu sehen sind.

Museum für Bayerische Geschichte in Regensburg: Hintergrund & Informationen

Das Museum für Bayerische Geschichte, das derzeit in Regensburg am Donaumarkt erbaut wird, soll die Geschichte des Freistaats ab 1800 behandeln. Ursprünglich sollte die Dauerausstellung im November 2018 ihre Pforten öffnen; dieser Termin sei nach einem Brand in einem der Nebengebäude aber nur noch ein Plan, erklärte Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte in Augsburg.