Herr Wurm, wie kamen Sie auf die Idee einer Städtepartnerschaft mit Israel?

Günter Wurm: Als ich 2002 Jugendbeauftragter und Gemeinderat in Schmiechen bei Mering war, hatte ich eine Jugendgruppe. Die jungen Leute wollten sich mit dem Thema Israel beschäftigen. Ich hatte allerdings keine Ahnung von Israel, hatte Vorurteile gegen das Land und wollte auch nie dorthin reisen.

 

Wie haben Sie reagiert, als Sie mit dieser Anfrage konfrontiert wurden?

Wurm: Das war ein längerer Weg. Wir haben Israelfeste gemacht, zuerst in Schmiechen, dem kleinen Dorf, in dem ich wohne. Das war dort schon sehr außergewöhnlich. Später dann in Mering. Die Leute waren erst ein wenig skeptisch. Aber sie waren neugierig und sind gekommen. Und da ich Jugendtrainer des Mädchen-Basketballteams beim Meringer Sportverein war, habe ich einen Sportaustausch mit Israel organisiert. Der Kontakt zu dem Ort Karmiel kam über die Israelitische Kultusgemeinde München zustande. Das war im Jahr 2009.

 

Karmiel liegt auf halber Strecke zwischen Mittelmeer und dem See Genezareth. Es ist eine sehr moderne Stadt, gegründet in den 1960er-Jahren ohne historische Sehenswürdigkeiten. Wie gefällt Ihnen der Ort?

Wurm: Ich war begeistert, als ich nach Karmiel gekommen bin, weil es mich so an Mering erinnert hat. Die Stadt ist viel größer als Mering, aber die Häuser sind so ähnlich, es gibt viele Einfamilienhäuser. Auch die Menschen sind nicht großstädtisch. Sie besitzen nicht so viel und sind immer sehr glücklich, wenn sie neue Freundschaften knüpfen können.

 

Wie fanden die Jugendlichen den Austausch?

Wurm: Die Jugendlichen auf beiden Seiten waren total begeistert von der jeweiligen Partnerstadt. Deshalb haben wir weitere Begegnungen organisiert, nicht nur Sportaustausch, sondern auch gemischte Gruppen. Einen Chor haben wir ebenfalls eingeladen.

 

Israel ist kein einfaches Land, es gibt immer wieder Unruhen. Haben Sie das zu spüren bekommen?

Wurm: Ja. Wir hatten 2014 eine Jugendbegegnung organisiert. Da kam der Gazakrieg dazwischen. Wir mussten alles absagen. Das war eine Riesenenttäuschung, denn in Israel haben die Leute ja gewartet. Der Meringer Bürgermeister hatte zu der Zeit schon signalisiert, dass er sich eine Städtepartnerschaft vorstellen könnte. Ich bin dann trotz des Kriegs mit meiner Frau dorthin gefahren. Meine Kinder haben mich geschimpft, aber wir haben es trotzdem gemacht – und die Israelis waren hellauf begeistert. Es war eine der schönsten Reisen, die ich je erlebt habe. Von den Unruhen habe ich überhaupt nichts mitbekommen. Überall, wo ich hingekommen bin, bin ich mit offenen Armen empfangen worden.

 

Reisen inzwischen auch andere Meringer nach Karmiel?

Wurm: Die Leute werden neugierig darauf und sehen, dass Israel ein wunderbares Land ist. Und viele fragen mich: »Du, ich fahr jetzt nach Israel, kannst du mir ein paar Tipps geben?« Das ist eine tolle Entwicklung.

 

Wie geht es jetzt mit der Städtepartnerschaft weiter?

Wurm: Ich bin Mitte August wieder in Karmiel. Da findet das »Karmiel Dance Festival« statt. Die ganze Stadt macht da mit. Auf den öffentlichen Plätzen tanzen einige Leute vor – und die anderen machen es nach. Das ist sehr beeindruckend. Mit mir reisen diesmal einige Meringer Marktgemeinderäte, die Jugendbeautragte und der Sportbeauftragte. Ich möchte ihnen einmal die Stadt und das Land zeigen. Wir treffen uns dann dort auch mit Vertretern der Stadt Karmiel.

 

Wie sehen Sie die Chancen für eine offizielle Städtepartnerschaft?

Wurm: Die Bedenken der Politiker sind immer, dass es zu viel kostet und dass die Partnerschaft nicht mit Leben gefüllt wird. Viele Städtepartnerschaften dümpeln nach einiger Zeit ja so vor sich hin. In unserem Fall ist es aber so: Es gibt eine Gruppe von Menschen, die beseelt und begeistert von der Partnerschaft ist und die das auch vorantreibt. Wir haben schon 150 Freunde und das in so kurzer Zeit! Mein Ziel ist es, dass wir es nächstes Jahr schaffen, den Bürgermeister von Karmiel nach Mering zu holen. Dann könnten beide Gemeinden das Ganze offiziell besiegeln. Das wäre natürlich ein Traum.