Drei Jahre später markierte der Fränkische Albverein den Weg mit der weißen Muschel auf blauem Grund. Spätestens seit Hape Kerkelings Buch »Ich bin dann mal weg – meine Reise auf dem Jakobsweg« liegt Pilgern absolut im Trend. Im vergangenen Jahr waren weltweit fast 200 Millionen Menschen auf Pilgerpfaden unterwegs. Es gilt: tagelang wandern, allein sein, sich selbst erfahren sowie Glück und Glauben erleben – die Gedanken gehen nach innen, die Füße voran.

Gefeiert wird das Jubiläum in Rothenburg während den Herbst-Wanderwochen im Oktober mit einem kleinen Marsch auf einem Teilstück des Wegs und einer Feier vor St. Jakob. Dort begrüßt eine Bronzeskulptur des heiligen Jakobus die Besucher.

Einmal die gesamte Strecke

Die Stadt lässt an diesem Tag rund 30 Nägel in den Boden ein, deren Kopf wie eine Muschel geformt ist. »Diese Hinweiszeichen ermöglichen es den Pilgern, aus Nürnberg herauszufinden und nach Rothenburg hineinzufinden«, erklärt Gästepfarrer Oliver Gußmann, der den Pilgern in der mittelalterlichen Stadt seinen Segen mit auf den Weg gibt.

Und auch sonst ist entlang des Jakobswegs einiges geplant: Einheitliche Tafeln sollen auf den Wegverlauf hinweisen, Pilgerkärtchen die Menschen spirituell begleiten oder Karten an Apfel- und Zwetschgenbäumen zum kostenlosen Genuss einladen. »Wir wollen damit demonstrieren, dass wir eine gastfreundliche Region sind«, sagt Gußmann. »In dem Weg steckt noch viel Potenzial.«

Rothenburg sei ein wichtiger Knotenpunkt für gleich mehrere Jakobswege, so Johanna Kätzel, städtische Kulturbeauftragte. Drei Wege führen nach Rothenburg: von Nürnberg, Würzburg und Bamberg. Drei Strecken gehen aus der Stadt hinaus: nach Ulm, Rottenburg am Neckar und Speyer.

Mehr als 1.000 Pilger jährlich

»Für den Tourismus spielt das Pilgern nicht die große Rolle. Wir unterstützen es aber aus ideellen Gründen«, erklärt Kätzel. Im Schnitt kommen jährlich 1.100 Pilger nach Rothenburg. Eine Strichliste in St. Jakob zählt die ausgegebenen Pilgerstempel.

Die Stadt ist seit dem Mittelalter ein zentraler Knotenpunkt für Jakobspilger aus Nord- und Osteuropa, hier kreuzten sich wichtige Handelswege und Pilgerrouten, die durch Wiesen, Wälder und Felder führen. Immer der Muschel nach.

Oliver Gußmann ist den Jakobsweg schon komplett gelaufen und auch immer wieder in Teilstücken. Für eher gemütliche Pilger empfiehlt er, fünf Tage für die rund 90 Kilometer einzuplanen. Sportliche Radler schaffen den Camino in nur einem Tag. »Die Landschaft und Leute auf dem mittelfränkischen Jakobsweg gefallen mir sehr gut. Die Kirchen sind offen, und wir haben auch kleine Stempel für den Pilgerpass«, so der Seelsorger.

Menschen im Umbruch

Nach Gußmanns Erfahrung machen sich Pilger vor allem bei Lebensübergängen auf den Weg: Männer am Anfang des Ruhestands, Eltern, wenn die Kinder aus dem Haus sind, oder junge Menschen nach abgeschlossener Ausbildung. »Alle haben eins gemeinsam: Sie wollen Entschleunigung und raus aus dem Hamsterrad. Ruhe und Stille spielen eine große Rolle«, erläutert der Pfarrer.

Ganz im Gegenteil zu den Pilgern im Mittelalter. »Damals sind die Pilger auf möglichst belebten Routen gegangen, weil sie dort besser geschützt waren«, so Gußmann weiter. Dabei galt es im Mittelalter als Todsünde, einen Pilger zu überfallen. Eine Muschel am Hut oder an der Kleidung galt als Schutzzeichen.

Dem Abenteurer von heute empfiehlt der Pfarrer, der vor vier Jahren selbst vier Wochen lang mit dem Rad Richtung Santiago de Compostela unterwegs war, gute Schuhe, ein Büchlein für das beeindruckendste Tageserlebnis, geeignete Kleidung für Hitze bzw. Regen sowie möglichst wenig Gepäck.