Mitte Juni 1542 zog der Theologe Johann Sutel in Schweinfurt ein. Er war der erste berufene lutherische Pfarrer in der Stadt, in der er fünf Jahre arbeitete – insbesondere an der neuen Kirchenordnung. Einen Namen – nämlich den wissenschaftlich-lateinischen: Sutellius – hatte er sich zuvor in Hessen gemacht, unter anderem als Verfasser des »Artikels wider das Bepstliche volck in Göttingen«.

Eine Vorgeschichte, und zwar eine bewegte zehnjährige, hatte auch die Reformation in der mainfränkischen Reichsstadt. Genau anno 1532 wehte ein frischer Wind durch die Gassen, als Schweinfurt zum Kongresszentrum reichsweiter Verhandlungen wurde. Kaiser Karl V. bemühte sich um eine Einigung zwischen seinen katholischen und protestantischen Landesherren. Er konnte keinen Streit innerhalb des Reiches brauchen, denn von außen drängten die Osmanen heran. Zunächst wurden die interkonfessionellen Verhandlungen in Schmalkalden geführt, zu Ostern 1532 nach Schweinfurt verlagert.

Auf Schmalkaldischer Seite

Einer der prominentesten Gäste der Stadt war der Kurprinz von Sachsen. Im Gefolge hatte der seinen Hofprediger Georg Spalatin. Dieser Superintendent erlebte gerade die ersten durchgreifenden Jahre bei der Reformation der sächsischen Kirche, z. B. entließ er reihenweise die Pfarrer von Zwickau als amtsunfähig. Zuvor, auch keine schlechte Referenz, hatte er die Wittenberger Universitätsbibliothek verwaltet, war dort Geheimschreiber, Beichtvater des Kurfürsten und vermittelte die Kontakte zwischen dem Landesherrn und Martin Luther. Anzunehmen, dass er bei diesen vielen Ämtern im Jahr 1532 nicht mehr so goldlockig aussah wie 1509, als er dem Maler Lucas Cranach d. Ä. Porträt saß. Feuer genug zur Predigt hatte er noch, wenn er zwar für seinen Herrn, aber öffentlich sprach: Die Liebfrauenkirche, ein Vorgängerbau der heutigen Salvatorkirche, reichte für das Hörerinteresse nicht aus, Spalatin sprach von der Freitreppe herab.

Die Reichsgrößen zogen schließlich ab, das neue Gedankengut aber hatte viele Schweinfurter erfasst. In immer mehr Kirchen wurden Gottesdienste nach evangelischem Ritus gefeiert. Als eine Pest die Stadt erschütterte, bat der Rat den fernen Sachsen um Trost. Den sandte Spalatin mit der Schrift »Ein getreuer Unterricht aus Gottes Wort, von allem was ein Christenmensch wissen soll«.

Unterstützung zur Reformation

Auf Beschluss des Stadtrats wandte Schweinfurt sich dann auch offiziell der neuen Lehre zu. Die Reichsstadt bat den lutherisch gesonnenen Landgrafen Philipp von Hessen um Beistand bei der Umsetzung der Reformation und gegen etwaige Übergriffe des nahen Fürstbischofs von Würzburg. Im Zug dieser Transaktion kam auch der hessische Magister Johann Sutellius an den Main. Sein Wirkungsort: die Liebfrauenkirche. Das heutige Dekanatsgotteshaus St. Johannis blieb der alten Gottesdienstordnung verhaftet, wenn auch bei versiegendem Besucherstrom. Bald wurden nur noch in der Kilianskirche vor den Toren der Stadt katholische Messen gelesen. Eine Brandstiftung setzte anno 1543 auch dem ein Ende, und sogar die Karmeliter wechselten die Konfession und gaben ihr Kloster auf.

Johann Sutel wirkte fünf Jahre lang. Sein Nachfolger Paul Lindemann kam aus Würzburg. Von dort hatte ihn sein Bischof verjagt. 1548 begann dann eine unruhige Zeit, im Zwist mit dem Kaiser. Der schlug den Schmalkaldischen Bund, auf dessen Seite Schweinfurt gestanden hatte. Die Stadt wurde verurteilt, feindliche spanische Truppen zu beherbergen, die vehement auf katholischen Messen bestanden.

Allein, Karl V. konnte lediglich die Vertiefung der längst durchgesetzten Reformation in Schweinfurt etwas hinauszögern. Zurückdrehen ließ sich das Rad der Geschichte nicht mehr.