Das 500. Reformationsjubiläum wird in Russland vom Gedenken an die Oktoberrevolution vor 100 Jahren überschattet. Darauf hat der Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, Dietrich Brauer, bei der Eröffnung des Goldkronacher Kultursommers im Landkreis Bayreuth hingewiesen. "Unsere Kirche erlebte in der Folgezeit einen echten Völkermord. Leider wird er nicht so genannt, aber es war ein echter Völkermord", sagte Brauer in der evangelischen Stadtkirche von Goldkronach.

Kein Gemeindeleben mehr nach der Oktoberrevolution

Ein Gemeindeleben habe es nach der Oktoberrevolution nicht mehr gegeben, erinnerte der Theologe. Kirchen seien abgerissen oder geschändet, Pastoren und Kirchenvorstandsmitglieder hingerichtet worden. Erst vor rund zweieinhalb Jahrzehnten sei die lutherische Kirche in Russland wieder entstanden.

Wenn auch die Religion längst nichts Selbstverständliches mehr sei, hätten die Menschen das Evangelium als frohe Botschaft inmitten aller schlimmen Nachrichten nötiger denn je, sagte Brauer. Er sprach sich zugleich für einen verstärkten interkonfessionellen Dialog vor allem mit der russisch-orthodoxen Kirche aus.

Dietrich Brauer war 2011 mit damals 28 Jahren als einer der jüngsten Bischöfe einer lutherischen Kirche gewählt worden. 2015 wurde der Sohn einer russlanddeutschen Familie zum Erzbischof der beiden evangelisch-lutherischen Diözesen Europäisches Russland (ELKER) und Ural, Sibirien und Ferner Osten (ELKUSFO) geweiht.

Veranstalter des Goldkronacher Kultursommers ist das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach. Initiator ist der Bayreuther Bundestagsabgeordnete und Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk (CSU). Der Universalgelehrte Alexander von Humboldt (1769-1859) war von 1792 bis 1795 als Preußischer Bergamtsassessor unter anderem in Goldkronach tätig.