Frau Kainz, Sie sind wieder in der Heimat. Wie gefällt es Ihnen?

Das ist total schön. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es sich so sehr wie Heimkommen anfühlt. Ich dachte, ich sei in München zu Hause.

Was hat Regensburg, was München nicht hat?

Ich habe das italienische Flair der Innenstadt schon immer gerne gemocht. Die Stadt ist sehr schmuck geworden im Vergleich zu früher. Der Weltkulturerbe-Titel hat wohl viel dazu beigetragen. Das hat auch Ambivalenzen. Freunde erzählten mir, dass die Stadt im Sommer wahnsinnig überlaufen ist. Ich bin gespannt, wie es wird.

Werden Sie nicht das immense kulturelle Angebot Münchens vermissen?

Regensburg hat den Vorteil, dass es überschaubarer ist.

Ihre Promotion schrieben Sie über den expressionistischen Maler Franz Marc, der beinahe protestantischer Pfarrer geworden wäre. Was hat Sie an dem Thema gereizt?

Vor meinen Forschungen war mir nicht bekannt, dass sich Franz Marc im Münchner Kulturprotestantismus bewegt hat. Das ist ein spezielles Phänomen im 19. Jahrhundert, wo das Christentum vor allem in der Kunst und Kultur gelebt wurde. Kirchenbesuche werden in den Quellen nicht erwähnt, aber man hat sich in privaten Zirkeln getroffen und dort die Themen der Zeit diskutiert – ganz oft im Wohnzimmer des Pfarrers. Es gab Beziehungen zum Klerus, aber nicht zur Kirche als Institution. Das zu erforschen, war sehr spannend.

Sehen Sie Parallelen zu heute?

Ich denke, es ist ein eher städtisches Phänomen, dass man sich als christlich versteht, der Kirchenbesuch aber nicht so eine große Rolle spielt. Spiritualität wird in der Musik oder in der Kunst erlebt. Ich bin gespannt, wie das in Regensburg ist. In München war es so, dass die Konzerte der Chöre immer voll besetzt waren. Das ist auch eine Form von Gottesdienst, wenn viele Besucher das auch nie so bezeichnen würden.

Woher kommt die Affinität zur Kunst bei Ihnen?

Ausgangspunkt ist Wassily Kandinsky gewesen, der mir gefallen hat. Dann habe ich angefangen, selber abstrakte Bilder zu entwerfen und in Öl zu malen. Außerdem habe ich an der Schule den Kunst-Leistungskurs belegt. Ich hatte sogar überlegt, Kunstgeschichte zu studieren.

Aber Sie haben sich dann für Theologie entschieden. Warum?

Es waren die Themen im Religionsunterricht, die Art, wie wir dort diskutiert haben, das hat mir gefallen.

Für Ihr Spezial-Vikariat sind Sie zu BMW nach München gegangen – nicht gerade naheliegend für eine Theologin?

Ich wollte noch einmal einen anderen Arbeitsalltag erleben. Außerdem war es mitten in der Wirtschaftskrise, ich fand es interessant, da reinzugucken.

Welche Erfahrungen haben Sie mitgebracht?

Dass wir als Kirche einen großen Marketingbedarf haben. Wenn ich bei BMW erzählte, dass ich Pfarrerin bin, wurde ich oft gefragt, was ich die ganze Woche über machen würde, man hätte ja nur sonntags Dienst.

Haben Sie nun Ideen für das Kirchen-Marketing?

In der Zeit schwebte mir ein großes Plakat vor Augen: "Sie suchen einen Allround-Manager? Fragen Sie Ihren Gemeindepfarrer!" Das hätte ich lustig gefunden.

Nun werden Sie Hochschulpfarrerin, welches Marketing betreiben Sie da?

Ich erlebe junge Studierende als sehr offen und tolerant – einerseits. Andererseits herrscht ein unheimlicher Leistungs- und Gelingensdruck. Zu wissen, dass man privilegiert aufgewachsen ist, lässt ein ganz großes Erfolghaben- und Glücklichsein-Müssen entstehen. Hier als Kirche Ansprechpartner zu sein und zu begleiten ist – hoffe ich -– gutes Marketing.

Bei Ihnen sorgt der Pferdesport für Ausgleich, was gefällt Ihnen daran?

Beim Reiten kann man draußen sein in der Natur, mit einem Tier, das einen ganz anders spiegelt, als Menschen dies tun.

Haben Sie wirklich Fußball gespielt?

Ja, aber ich spiele nicht mehr. Ich gehe nur noch Champions League gucken mit Freunden, irgendwo in einer Kneipe, das ist super.