Ich stecke in einer Arbeitssituation mit vielen Belastungen: ein relativ kühles Arbeitsklima, ein Chef, der nicht immer klar sagt, was er will und was nicht, unregelmäßige Arbeitszeiten und mehr.

Anfangs dachte ich noch, ich würde das schon hinbekommen, aber in den letzten Monaten begann ich daran zu zweifeln. Mal kamen Zeiten des Selbstmitleids, dann Tage voller Selbstzweifel und auch Wut. Schlimmer noch: Ich begann zu trinken, um vom Stress wegzukommen.

Dabei konnte ich fast zusehen, wie es mit meiner Gesundheit bergab ging. Ich fühlte mich mieser und mieser. Mit elenden Tagen und noch elenderen Nächten. Ein guter Freund wies mir schließlich den Weg zu einem Arzt. Dieser zeigte mir nach einer gründlichen Untersuchung richtiggehend die Rote Karte. Es war eine veritable Kopfwäsche, aber jetzt stehe ich mit gewaschenem Kopf da und weiß nicht so recht weiter. Ein kleines Erfolgserlebnis wenigstens ist die Abstinzenz vom Alkohol, die ich jetzt schon länger als ein halbes Jahr durchhalte.

Herr P.

Von wegen kleines Erfolgserlebnis. Es ist ein großer Schritt! Weg von der Flasche, und das immerhin schon ein halbes Jahr lang. Wie habe ich es neulich so schön gelesen? "Es hat keinen Sinn, Probleme ertränken zu wollen, die Biester können schwimmen." Sie haben verstanden, und Sie haben den richtigen Entschluss gefasst. Sehen Sie doch darin bitte eine Ermutigung für die nächsten Entscheidungen.

Dabei gibt es sicher nicht einen Generalschlüssel, der zur Lösung all Ihrer Probleme führt. Wozu ich Sie ermutigen möchte, ist das, was man heute "Optionales Denken" nennt. Überlegungen, die vor allem Ihre Optionen erweitern, Ihren Handlungsspielraum vergrößern. Zwei Vorentscheidungen dazu lauten:

1. Weg vom Klage- und Jammerritus und

2. Weg von dem Starren auf die  Probleme. Weg davon und dafür hin zu Beweglichkeit. Hin zu einem Denken, das sich Lösungen einfallen lässt. Lösungen lauern überall, heißt das Motto.

Konkrete Konsequenzen stehen an. Jetzt geht es los:

  • Wie könnten solche Konsequenzen aussehen?
  • Wie könnten Sie von der Roten Karte wegkommen?
  • Was könnte funktionieren?
  • Haben Sie vielleicht auch ganz abwegige, ganz ungewöhnliche Ideen?
  • Was, meinen Sie, würde Ihrem Freund dazu einfallen?

Ein gewaschener Kopf. Der hat doch einiges zu bieten. Ein Gefühl von Frische vielleicht. Möglichkeiten zu einer neues Frisur vielleicht, zu einem neuen Stil, einem neuen Aussehen. Das ganze Gesicht könnte eine andere Ausstrahlung bekommen. Jünger könnte es aussehen, attraktiver, lebendiger.

Sie sehen, ich nehme den spielerischen Ton auf, den Sie in Ihrem Brief ja schon andeuten. Nehme das kreative Moment auf, das bei Ihnen schon anklingt, und mache Ihnen Mut damit zu  arbeiten. Experimentell, versuchsweise und doch mit dem Willen, Lösungen zu finden, die vom Abgrund wegführen. Und bedenken Sie: Es kann auch viel zu früh zu spät sein.