Vor einem Vierteljahr hatte ich einen Herzinfarkt. Bis vor wenigen Wochen noch hätte ich gesagt: aus heiterem Himmel. Inzwischen weiß ich, dass es so unvermutet nicht geschah. Schon eine ganze Zeit lang hatte ich Beschwerden in der Brustmitte gespürt oder war beim Treppensteigen in Atemnot geraten, und hatte es einfach nicht ernst genommen.

Erst langsam kam ich zu einem vertieften Nachdenken. Nach Wochen der Angst und des Erschreckens, die immer noch nachwirken. Nach endlosen Fragen wie: Warum hat es mich erwischt? Warum mit Anfang 50, in noch jungen Jahren? Allmählich erkannte ich, wie sehr ich meine Gesundheit vernachlässigt hatte, meine Familie, meine Kinder, ja, mein Leben. Ich gehörte einfach meinem Beruf, gehörte der Firma und dies beinahe rund um die Uhr.

Sehr geholfen hat mir in diesen Wochen eine Dame aus dem seelsorgerlichen Besuchsdienst, die immer wieder zu mir kam. Wohltuend war es, weil sie gar nicht viel sagte, sondern vor allem zuhörte und gelegentlich eine weiterführende Frage stellte. Heute spüre ich vor allem Dankbarkeit, dass ich weiterleben darf. Weiß ich doch inzwischen, dass Jahr für Jahr in unserem Land 300.000 Menschen einen Infarkt erleiden, und dass annähernd jeder zweite stirbt, ehe er das Krankenhaus erreicht.

Noch weiß ich nicht genau, wie es weitergehen wird. Gott sei Dank ist unsere Wohnung abbezahlt und die Kinder sind versorgt, sodass es uns finanziell gut geht. Gott sei Dank steht meine Frau neben mir und stärkt mich. Ich hoffe einfach, dass Gott mir eine neue Chance gibt.

Herr L.

Vor vielen Jahren erreichte mich das Buch eines Kollegen. Auch ihn hatte ein Herzinfarkt aus dem Leben gerissen, einem sehr aktiven und engagierten Leben. Jetzt erzählte er von dem Erschrecken, ja, dem Entsetzen, das ihn ausfüllte, von der Angst und Verzweiflung, die ihn überkamen. Wie sollte es weitergehen? Ob es überhaupt weitergehen würde?

Langsam, ganz langsam, fand er heraus aus dem Tief. Fand hin zu einem neuen, freundlicheren Rhythmus. Der Infarkt war jetzt nicht mehr die Katastrophe, sondern wurde zu einem Hinweis für ein anderes, bewussteres Leben. Mit weniger Tempo, weniger Stress, weniger Ehrgeiz, weniger Druck, weniger Perfektion. "Danke, Gott, für meinen Herzinfarkt" steht über einem Kapitel. Welch ein Resümee!

Was will mir mein Herzinfarkt sagen? Welche Botschaft liegt in ihm beschlossen? Ich ermutige Sie sehr, weiter auf diese inneren Stimmen zu hören. Im Vertrauen darauf, dass Ihnen darin hier etwas Gutes entgegenkommt. Etwas, das sich nach Sinn anfühlt, nach einem Leben, in dem es mehr gibt als Arbeit, Arbeit, Arbeit. Und schön, dass Sie dabei Menschen haben, die Ihnen zur Seite stehen. Ihre Frau vor allem, aber auch Ihre Seelsorgerin.

Zum Schluss noch ein Mutmachtext von Abraham Maslow (1908-1970), dem großen Psychologen. Auch er erlitt einen Herzinfarkt. In einem Brief, der in den Wochen der Genesung entstand, schrieb er: "Die Konfrontation mit dem Tod lässt alles so kostbar, so heilig, so schön erscheinen, dass ich einen stärkeren Impuls als je zuvor empfinde, das Leben zu lieben, zu umarmen und mich davon überwältigen zu lassen."