Mein Mann und ich sind seit 25 Jahren verheiratet. In den letzten Monaten ist er immer distanzierter geworden, und neulich hat er mir gesagt, dass ich für ihn so etwas bin wie eine gute und vertraute Freundin, aber dass er sich irgendwie auch noch nach etwas anderem sehnt, vor allem erotisch und sexuell.

Ich hatte vor ein paar Monaten eine Gebärmutterentfernung und bin danach ziemlich depressiv geworden, ich bin also insgesamt wirklich nicht in guter Verfassung. Trotzdem haben wir nach einem Termin bei einer Paartherapeutin gesucht. Den hat er dann in letzter Minute wieder abgesagt.

Jetzt leben wir getrennt – und mir geht es sehr schlecht damit. Noch am Anfang des Jahres hat er gesagt, dass er mich liebt und ohne mich nicht leben möchte – und nun so etwas. Manche Freunde von uns meinen, dass er halt durch eine Midlife-Krise geht – aber ich fürchte manchmal, dass er doch irgendwie aufgehört hat, mich zu lieben. Ich bin so verwirrt und hätte so gerne eine Antwort auf meine Fragen ...

Frau K. (48)

Mir scheint, als würden Sie in einer Landschaft stehen, in der gleich zwei riesige Krater entstanden sind: Die Gebärmutterentfernung hat Sie sehr mitgenommen – und nun erleben Sie auch noch die Krise mit Ihrem Mann. Zwei fundamentale Fragen, auf die im Moment die Antwort zu fehlen scheint: Wer bin ich eigentlich als Frau nach der Entfernung meiner Gebärmutter? Und wer bin ich als Frau in der Beziehung zu meinem Mann?

Ich erlebe in vielen Gesprächen, wie sehr Frauen das, was für Ärzte ein Routineeingriff ist, als einen tiefen Einschnitt in ihre Identität als Frau erleben und als eine enorme Verunsicherung in der Beziehung zu anderen, vor allem zum Ehepartner. Es könnte sein, dass Ihr Mann sich im Moment auch deshalb zurückzieht, weil er selbst nicht weiß, wie er umgehen soll mit dieser Verunsicherung, die er spürt, aber für die es weder bei Ihnen noch bei ihm Worte gibt.

Die Entfernung der Gebärmutter ist ein Verlust, der körperlich und seelisch empfunden wird. Es gibt Frauen, die – selbst wenn das medizinisch alles gut begründet wird und gut verläuft –

lange trauern um diesen Verlust. Zu dieser Trauer gehört auch eine Zeit der Verwirrung und Sprachlosigkeit. Es ist ausgesprochen schwer, darüber mit anderen zu reden. Ich finde es schon sehr bemerkenswert, dass Sie in diesem Brief diese beiden Situationen formulieren können und sich über beides Gedanken machen.

Was das Leben mit Ihrem Mann betrifft: Selbst wenn Sie beide im Moment getrennt leben – die 25 Jahre des gemeinsamen Lebens sind nicht nichts. Sie sind ein langer, gemeinsamer Weg. Wie er weitergeht, liegt im Moment für Sie im Nebel. Vielleicht hilft es, wenn Sie sich zunächst einmal für sich selbst eine (seelsorgerliche oder therapeutische) Weg-Begleiterin suchen, mit der Sie über sich reden können, über all die Veränderungen, die Sie wahrnehmen und die Sie befürchten. Das könnte Ihnen helfen, ganz allmählich auch wieder Worte und Möglichkeiten zu finden, mit Ihrem Mann über das zu reden, was Sie beide verbindet – und verunsichert.