In finanzieller Hinsicht war der Start einigermaßen schwierig: Plusminus 45 Kinder meldeten sich im Herbst 2011 für den ersten Jahrgang des Würzburger Dag-Hammarskjöld-Gymnasiums an. Das riss damals ein ziemliches Loch ins geplante Budget. Doch allmählich stiegen die Zahlen.

Inzwischen besuchen 500 Kinder und Jugendliche das nach wie vor erste und bis heute einzige evangelische Gymnasium in Unterfranken. Auch finanziell steht die Bildungseinrichtung laut Schulleiter Günter Beck-Mathieu inzwischen solide da.

Dag Hammarskjöld, 1905 in Schweden geboren, ist seit 2012 Namensgeber der Schule, die aus dem Mozart-Schönborn-Gymnasium der Stadt Würzburg hervorging. "Unser Schulname ist ein bisschen schwer auszusprechen", schmunzelt Beck-Mathieu. Auf der Homepage wird er deshalb vorgesprochen. Inhaltlich passt der Name des einstigen UN-Generalsekretärs laut dem evangelischen Pfarrer bestens, setzte sich Hammarskjöld doch engagiert für Frieden ein. Das tut auch das Gymnasium.

Drei Zweige im Dag

Auch wenn die Corona-Pandemie die Feierlaune im "Dag" im Jubiläumsjahr etwas trübt, zeigt sich doch gerade jetzt, welche Vorteile man hat, wenn man eine Privatschule ist: "Wir haben deutlich mehr Freiheiten", erläutert er. Während die staatlichen Gymnasien zum Beispiel die Faschingsferien ausfallen lassen mussten, wurden im "Dag" kurzerhand zwei Ferientage genehmigt: "Wir hielten das einfach für dringend nötig."

Das "Dag" zog anfangs vor allem Kinder an, die eine soziale Ader hatten oder kreativ veranlagt waren. Heute gibt es drei Zweige: Einen sozialwissenschaftlichen, einen wirtschaftswissenschaftlichen sowie einen naturwissenschaftlich-technologischen. Beck-Mathieu, der vor eineinhalb Jahren die Schulleitung übernommen hat, will vor allem naturwissenschaftliche Angebot ausbauen: man wolle eine "MINT-freundliche Schule werden". Ungefähr ein Drittel der Schüler nimmt am Angebot des gebundenen Ganztags teil.

Religiöse und kulturelle Vielfalt

Der Onlineauftritt der Schule verrät zehn "gute Gründe" für das "Dag". An erster Stelle steht die Wertevermittlung. Die drückt sich zum Beispiel in einer ausgeprägten Feedbackkultur aus, schildert der stellvertretende Schulleiter Christian Herpich. So werde etwa in Entwicklungsgesprächen wertschätzend mit jedem Kind über das gesprochen, was gut läuft - und über das, was nicht so gut läuft. Umgekehrt hat jeder Schüler das Recht, seinen Lehrern ein Feedback zu geben: "Bei uns gibt es keine Top-Down-Kultur."

Ins Konzept integriert ist auch ein klares Ja zu religiöser und kultureller Vielfalt. Die vom evangelischen Dekanat Würzburg getragene Schule will nicht nur Kinder der eigenen Konfession ansprechen. Sie ist Herpich zufolge gerade auch für muslimische Eltern attraktiv: "Eine Schule, in der Religion keine Rolle spielt, wäre für sie schwierig." Vielfach wird der Gedanke "Toleranz" gelebt. So beteiligt man sich an der "Interreligiösen Shuttle-Tour", die zu Würzburger Moscheen oder zum Tempel der Sikh führt.

Ein eigenes Konzept

Denkt Herpich an die unsicheren Anfänge des "Dag" zurück, stellt er fest: "Wir haben uns gut etabliert, wir werden akzeptiert und wir werden mit unserem Konzept ernst genommen." Um das zu erreichen, musste in den Anfangsjahren aber viel erklärt werden, erläutert Beck-Mathieu. Zum Beispiel, dass man, anders als so manch andere Privatschule, kein "Hochleistungsgymnasium" sein wird. Doch auch manche elterliche Fiktion einer notendruckfreien "Erlebnispädagogikschule" wollte man nicht erfüllen, sagt er.

Das Kollegium hat den Anspruch, den Kindern zu helfen, wo immer es nötig ist. Und gleichzeitig dazu zu befähigen, das Leben mit seinen Schwierigkeiten in Angriff zu nehmen - das lernen die Schüler in Praktika. Und die sind laut Herpich anspruchsvoller als andernorts: "Wir schicken unsere Zehntklässler eine Woche lang in schwierige soziale Bereiche." Etwa in eine Klinik, ein Pflegeheim oder eine Geriatrie. Vor allem aber lernen die Kinder voneinander. Sie würden quasi ermuntert, sich gegenseitig zu erziehen.

Ein "Positiver Kulturschock"

Neulinge staunen darüber, erläutert Herpich: "Die ersten Tage bei uns an der Schule erleben sie als einen positiven Kulturschock." Natürlich können sich die Kinder die Quinten nicht immer selbst austreiben, sagt er. Zoff und Mobbing, das kommt auch im "Dag" vor. Profis aus dem Kollegium unterstützen die Schüler dabei, Konflikte zu lösen. Und sie helfen über Phasen der Demotivation hinweg. Nicht zuletzt Herpich selbst, seit 15 Jahren Pfarrer für schulbezogene Jugendarbeit, engagiert sich auf diesem Feld.

Ohne das Dekanat würde es die Schule höchstwahrscheinlich nicht mehr geben. Denn die Stadt hatte die Bildungseinrichtung mangels Auslastung finanziell nicht mehr stemmen können. Die vor zehn Jahren vollzogene Überleitung ersparte der Kommune bisher weit mehr als 15 Millionen Euro - zumindest theoretisch. Denn gerade für die schwierige Anfangszeit hatte die Stadt eine stattliche Millionensumme gewährt.