Der Präsident des Evangelischen Kirchentages 2023 in Nürnberg, Thomas de Maizière, hat sich für Kirchenasyle ausgesprochen. Sie seien in einem Rechtstaat zwar "etwas Fremdes", es gebe aber eine Übereinkunft zwischen Staat und Kirche, solche Kirchenasyle einzurichten, sagte der frühere CDU-Bundesinnenminister am Dienstagabend bei einer Online-Fragestunde, einem neuen Format des Deutschen Evangelischen Kirchentags.

Das sei ein guter und humaner Weg, "wenn die Zahlen nicht zu groß werden", so de Maizière wörtlich.

De Maizières Haltung zu Asyl führte zu Kontroverse

Er wisse, dass seine Haltung zum Asyl während seiner Amtszeit zu Diskussionen über ihn als Kirchentagspräsidenten geführt hätten, sagte de Maizière. Aber als Innenminister habe er für die "kühlen und harten Maßstäbe" des Rechtstaats einstehen müssen. Die prallten beim Thema Asyl besonders auf die christlichen Maßstäbe Barmherzigkeit und Nächstenliebe.

Der Satz, dass man keine Menschen ertrinken lasse dürfe, sei richtig, sagte de Maizière. Aber Kirchenasyl könne keine Politik ersetzen.

Die Verjüngung des Kirchentags soll in Nürnberg vom 7. bis 11. Juni 2023 ein zentrales Thema sein, kündigte der Kirchentagspräsident außerdem an. Die Zentren der Jugend sollten "in die Mitte rücken". Zudem hätten die Projektleitungen das Ziel, kein Diskussionspodium ohne einen Teilnehmer oder Teilnehmerin unter 30 Jahre anzubieten.

Die junge Generation solle sichtbar und vollbeteiligt werden, sagte der Präsident. Verbessern wolle sich der Kirchentag auch im Bereich Internet. Veranstaltungen im Netz sollten attraktiver werden. Er warnte dabei aber, "nur mit Lametta holt man auch die Jugendlichen nicht".

Kritik von ehemaligem Kirchenasyl-Koordinator

Der ehemalige Kirchenasyl-Koordinator Stephan Theo Reichel hatte die Wahl von Thomas de Maizière zum Präsidenten des kommenden Kirchentags scharf kritisiert. Er sei "fassungslos", sagte Reichel und bezeichnete den ehemaligen Bundesinnenminister als "Spalter". 

Dieser habe seit 2014 als Innenminister "maßgeblich die rechtspopulistische Stimmung befeuert" und eine Asylpolitik der Abgrenzung und Ausgrenzung eingeleitet, so Reichel.

Im Sonntagsblatt-Interview reagierte de Maizière auf die Vorwürfe und sagte:

"Ich habe das bedauert, weil das, glaube ich, Menschen sind, die mich in meiner Haltung nicht richtig kennen oder auch wenig erlebt haben in Debatten auf Kirchentagen, wo ich über Kirchenasyl und alle ähnlichen Themen schon diskutiert habe. Aber ich respektiere natürlich die Kritik. "

Außerdem erzählte er im Interview, wie er Kirche als junger Mensch erlebt hat, wie sie sich heute auf die großen Veränderungen unserer Zeit einstellen sollte – und wie er mit der Kritik an seiner Wahl umgeht.