In unserer hektischen und digitalisierten Welt wächst das Bedürfnis nach Stille, Entschleunigung und innerer Einkehr. Immer mehr Menschen entscheiden sich für einen Urlaub im Kloster – sei es zur Besinnung, zum Fasten oder für ein Schweige-Retreat.
Während ein Klosteraufenthalt 2008 in Deutschland noch eher eine Nischenerscheinung war und laut Deutschem Tourismusverband jährlich rund 80.000 bis 100.000 Gäste anzog, hat sich die Zahl inzwischen mindestens verdoppelt. Allein 2018 zählten 74 deutsche Klöster laut Domradio zusammen über 230.000 Gäste, Tendenz steigend.
Unbegrenzte Möglichkeiten
Gerade nach der Corona-Pandemie ist die Nachfrage weiter gestiegen: Viele Menschen suchen eine Auszeit vom digitalen Stress und entdecken Klöster als Orte der Ruhe, Achtsamkeit und Besinnung. Neben klassischen Exerzitien werden zunehmend auch moderne Angebote wie Yoga, Meditation und Digital Detox-Programme in klösterlicher Atmosphäre nachgefragt.
In dem Buch "Starke Schwestern" porträtiert die Journalistin und Historikerin Felicitas von Aretin Ordensfrauen verschiedener Konfessionen und Religionen, darunter Christinnen und Buddhistinnen. Sie besuchte 21 Frauen in buddhistischen, evangelischen, katholischen und orthodoxen Frauenklöstern, um zu verstehen, wie sie Spiritualität, Gemeinschaft und Achtsamkeit in ihrem Alltag leben.
Die Idee dazu kam ihr in Corona. In dieser Zeit der Abgeschiedenheit und der Ausgangssperre fragte sie sich, wie es wohl den Menschen in den Orden geht. Nach einigen Recherchen stieß sie auf buddhistische Klöster.
"Ich wusste nicht, dass es in Deutschland buddhistische Nonnen gibt, die nicht aus dem Ausland stammen. Die Stiftung hat mir ermöglicht, mir viele buddhistische Klöster verschiedener Traditionslinien in Deutschland anzusehen. Drei fanden Eingang in mein Buch."
Welche Möglichkeiten bietet das "Kloster auf Zeit"?
Im Hinblick auf den neuen Trend, Urlaub im Kloster zu machen, bieten viele Klöster inzwischen die Möglichkeit, Tage, Wochen oder Monate dort zu verbringen - und das mit einem bunten Programm. So gibt es Achtsamkeitstrainings, Burnout-Trainings, Feldarbeit und Kräuterkurse bis hin zu Yoga und Fasten im Kloster - die Anbieter lassen sich das auch etwas kosten. Auch die Renaissance von Kloster und Handwerk erlebt einen Aufschwung. So können im Kloster Lüne Webkurse gebucht werden - ab 75 Euro pro Tag.
Ein preiswerteres Konzept bieten die Klöster mit einem "Wohnen gegen Hand"-Format. Hier wohnt und isst man für eine bestimmte Zeit umsonst, ist aber voll in die Arbeit vor Ort eingebunden, zum Beispiel bei Garten- oder Küchenarbeiten - je nach Bedarf.
Felicitas von Aretin kann diesen Trend nachvollziehen. "Ich meine, das ist so ein Rhythmus, den man hat. Man geht auf einmal ganz früh ins Bett und merkt, wenn man um fünf Uhr aufsteht, ist es auch schön. Man hat viel Natur und man wohnt in schönen Räumen. Und diesen Tagesrhythmus zu haben und diese regelmäßigen Essenszeiten, das tut natürlich auch gut." Oft sei es aber auch der beste Balsam, keinen Handyempfang zu haben.
Klosterkultur entdecken: Zwischen Spiritualität, Dialog und Gemeinschaft
Mit dem Reiseprogramm "Klosterwelten erleben" bieten Felicitas von Aretin und ihre Kollegin Monika Vogt auch die Möglichkeit, das Klosterleben kennenzulernen.
So können die Teilnehmer*innen laut der Webseite selbst entscheiden, ob sie die stille Welt buddhistischer Klöster, traditionsreiche evangelische Stifte oder eindrucksvolle katholische Abteien kennenlernen möchten.
Jeder dieser Orte erzähle seine eigene Geschichte – vom meditativen Alltag bis zur tief verwurzelten spirituellen Praxis. Klosterkultur zeige sich längst nicht mehr nur hinter alten Mauern: Moderne, interaktive Museen machten das Erbe klösterlichen Lebens auf zeitgemäße Weise erlebbar.
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