Deborah ist eine der ersten Karrierefrauen Israels. Und das, obwohl das Buch Sirach die Männer warnt: "Wenn die Frau ihren Mann ernährt, so gibt es […] große Schande" (Sirach 25, 28 f.). Deborah bestimmte als erste Frau des vorstaatlichen Stämmeverbunds das Geschick des Volkes Gottes wesentlich mit. Als "Mutter Israels" ging sie in die biblische Geschichte ein.
Heute gibt es unter den Richtern in Deutschland etwa 40 Prozent Frauen. Zu biblischer Zeit war das gesellschaftliche Leben noch viel deutlicher von den Männern bestimmt. In diesem Umfeld machte die Prophetin Deborah Karriere als Richterin.
Ein Amt, das mit dem heutigen Richteramt nicht zu vergleichen ist. Zwar sprachen Richter damals auch Recht - von Deborah ist überliefert, dass sie zu diesem Zweck "zwischen Rama und Bethel auf dem Gebirge Ephraim" unter einer nach ihr benannten Palme saß und "die Israeliten kamen zu ihr hinauf zum Gericht" (Richter 4, 5). Doch der Aufgabenbereich der alttestamentlichen Richter war noch weitaus größer.
Deborah - die älteste Inhaberin eines Führungsamtes
Als es noch keine Könige gab, herrschten die Richter in Israel. Von Gott erwählt, sollten sie dem Volk aus der Not helfen. Deborah gehört zu den ältesten Inhabern eines solchen Führungsamts, von denen die Bibel berichtet.
Als der israelitische Feldherr Barak gegen den kanaanitischen Feldherrn Sisera ins Feld zog, bat er Deborah, mit ihm gemeinsam das Heer anzuführen. Und obwohl sie ihm voraussagte, dass der Siegesruhm dann nicht ihm, sondern einer Frau zufallen werde, ließ er sie tatsächlich mitziehen.
Die Israeliten gewannen die Schlacht, Sisera starb wie vorhergesagt durch die Hand einer Frau, bei der er sich zu verstecken versuchte. Detailreich beschreibt die Bibel die grausame Tat: Nachdem Jaël Sisera mit Milch bewirtet hatte, trieb sie dem vor Erschöpfung in Schlaf gesunkenen Heerführer einen Pflock durch den Kopf.
Deborah als "Mutter Israels"
Deborahs Siegeslied, in dem sie sich selbstbewusst als "eine Mutter in Israel" (Richter 5, 7) bezeichnet, entstand vermutlich schon kurz nach diesen Ereignissen. Darin danken Deborah und Barak Gott für seine Hilfe und besingen die Heldentaten ihrer Soldaten und der Frau, die den feindlichen Heerführer niederstreckte.
"So sollen umkommen, Herr, deine Feinde! Die ihn aber lieb haben sollen sein, wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht!" (Richter 5, 31), heißt es am Ende.
Wie es sein kann, dass eine Frau in einer patriarchalisch geprägten Umgebung ein so hohes Amt ausüben und auch noch Kriegsheldin werden konnte, kann man sich heute nicht mehr erklären. Verdankte Deborah ihre Karriere ihrer besonderen Frömmigkeit? Oder waren es Nachwirkungen matriarchalischer Strömungen, die dazu führten?
Sicher ist, die Menschen müssen Deborah vertraut haben, und ihre Geschichte beeindruckt so sehr, dass sie es durch Jahrtausende der - vorwiegend von Männern betriebenen - Textauswahl und -überarbeitung bis in unsere Zeit geschafft hat.