Sahra Wagenknecht und Religion? Kirche gar? Man könnte meinen, dass eine Politikerin, die in der DDR ohne religiöse Prägung aufgewachsen ist und sich selbst als Atheistin bezeichnet, einfach keinen Bezug zum christlichen Glauben hat.
Doch das stimmt nicht. Bei näherer Betrachtung zeigt sich ein differenziertes Verhältnis, sowohl zu Religion als auch zur Institution Kirche.
Wagenknecht: Respekt vor dem Glauben
Obwohl sie selbst nicht an Gott glaube, respektiere sie Menschen, die aus ihrem Glauben Kraft schöpfen, um sich für eine bessere Welt zu engagieren, sagte sie der Boulevardzeitung "Bild" 2011. Sie äußerte:
"Es wäre schön, an ein Danach glauben zu können. Aber das kann ich nicht."
Aber was ist mit den Kirchen? Obwohl sie persönlich nicht gläubig ist, schätzt Wagenknecht laut eigener Aussage die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung der Kirchen in Deutschland. In einem Interview mit dem "Domradio" betonte sie 2017, dass christliche Werte wie Nächstenliebe und Solidarität viele Gemeinsamkeiten mit sozialistischen Idealen aufweisen. Sie äußerte:
"Ich sehe in der christlichen Religion ganz viel, was dem Bestreben von Sozialisten ähnelt."
Auch im Verhältnis zu Macht und Unterdrückung sieht Wagenknecht Gemeinsamkeiten zwischen den Kirchen und sozialistischen Parteien. Sie bescheinigte beiden eine "widersprüchliche Geschichte".
Wagenknecht wünscht sich mehr Kritik von Kirchen
Zugleich fordert Wagenknecht von den Kirchen eine kritischere Haltung gegenüber politischen und sozialen Missständen. Sie sieht die Kirchen als "soziales Gewissen der Gesellschaft" und erwartet von ihnen ein stärkeres Engagement für Gerechtigkeit und Frieden. Ihre Kritik richtet sich beispielsweise gegen die Militärseelsorge, die sie im Widerspruch zum christlichen Gebot "Du sollst nicht töten" sieht.
Die Trennung von Staat und Kirche unterstützt Wagenknecht uneingeschränkt. Eine Streichung der Staatsleistungen an die Kirchen lehnt sie jedoch ab, da diese ihrer Meinung nach wichtige gesellschaftliche Aufgaben erfüllen. Dabei hebt sie die Rolle der Kirchen bei der Armutsbekämpfung, der Flüchtlingshilfe und der Pflege hervor.
Kritisch sieht sie jedoch die Institutionen an sich. Sie bemängelt, dass Kirchenvertreter christliche Werte wie Nächstenliebe propagieren, gleichzeitig aber wirtschaftliche oder politische Interessen vertreten, die diesen Werten entgegenstehen. Außerdem forderte sie die CDU auf, das "C" aus ihrem Parteinamen zu streichen, da sie christliche Werte für unvereinbar mit der Unterstützung des derzeitigen Wirtschaftssystems halte.
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