Die 1960 als Gabriele Susanne Kerner geborene Künstlerin war zu Beginn der 1980er-Jahre eine der erfolgreichsten deutschen Sängerinnen und eine der wenigen Musiker aus Deutschland, die auch international erfolgreich waren.

Wer aber denkt, Nena lebt von ihren alten Gassenhauern – weit gefehlt. Natürlich sind es in der nahezu ausverkauften Halle, die in der Regel für sportliche Veranstaltungen genutzt wird, dann auch die großen Hits aus diesen Jahren wie "Leuchtturm" oder "Nur geträumt", die ein Lächeln auf die Gesichter im altersmäßig bunt gemischten Publikum zaubern.

Doch auch die späteren und die aktuellen Stücke können überzeugen. Und schließlich war Nena nie wirklich weg vom Fenster, erfand sich im Lauf der Jahrzehnte musikalisch immer wieder neu und ist der jüngeren Generation nicht zuletzt durch ihre Jury-Teilnahme an der SAT1-Castingshow "The voice of germany" bekannt. Und erstaunlich fit für einen Menschen Mitte 60, der seit Jahren auf den Bühnen der Welt rockt.

Davon zeugt auch ein Tour-T-Shirt von einer Japanreise aus dem Jahr 1984, das am Merchandise-Stand ebenso zu finden ist, wie klassische Fanartikel oder die "Frieden"-Jutetasche nebst Shirt.

In Ehren gealtert und kein bisschen eingerostet

Das auf den ersten Blick etwas gefühslduselig anmutende Tournee-Motto wird bald recht griffig, sieht und hört man Nena eine Weile zu, wenn sie auf der Bühne performt. Hier ist nach wie vor eine Überzeugungstäterin am Werk, die nicht wie einige ihrer frühen 80er-Genrekolleginnen und –kollegen einfach nicht von der Bühne wollen, weil man der guten, alten Zeit hinterhertrauert und langsam zur Karikatur ihrer selbst geworden sind.

Nena hat immer noch mit ihrer Musik einiges zu sagen – und will dieses große Zusammengehörigkeitsgefühl, wie es eben immer noch bei einem Pop-Konzert am intensivsten herzustellen ist, erzeugen.

Außerdem ist ein Nena-Konzert eine Familienangelegenheit. Sohn Sakias ist als Backgroundsänger mit dabei und hat mit "Wir bringen euch Frieden" sogar ein Solostück, bei dem der junge Mann mit seiner wallenden Mähne ein sattes Timbre offenbart. Sein Bruder Simeon ist als einer von zwei Keyboardern mit dabei in der stark aufspielenden Band.

Und Tochter Larissa, deren Stimme der ihrer Mutter nicht nur frappierend ähnelt, sondern die auch die Entertainer-Qualitäten von Mama geerbt hat, ist nicht nur im Chor auf der Bühne dabei, sondern eröffnet mit ihrem Partner Janick und dem gemeinsamen Duo "Issa Bloch" auch noch den Abend für eine gute halbe Stunde Techno-Beats.

Streitbare Zeiten hinter sich gelassen

Die großen Gesten, das immer strahlende Lächeln und die emotionalen Ansagen nimmt man Nena ab, sie sind nicht reine Show. Wer sich im Laufe der Jahre näher mit ihr befasst hat, weiß, sie war immer wieder eine Suchende – einerseits, wie die meisten Menschen, nach Liebe und Halt, andererseits auch in ihrer Spiritualität. Nena trat auf dem ökumenischen Kirchentag ebenso auf, wie sie sich für fernöstliche Religionen interessierte.

Kritisiert wurde Nena für ihre ablehnende Haltung gegenüber den behördlichen Maßnahmen zur Eingrenzung der Corona-Pandemie Anfang der 2020er-Jahre. Während Musikerkollegen wie Xavier Naidoo oder Michael Wendler, die in ein ähnliches Horn stießen, sich und ihre Karrieren bis heute nicht von diesen Kontroversen erholt haben, scheint Nena das Querdenker-Stigma wieder erfolgreich abgeschüttelt zu haben.

Bequemer sein wird sie deswegen immer noch nicht. Wenngleich natürlich Hits wie "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" am Ende eines facettenreichen Konzertabends einfach versöhnen. Und dann ist da noch die Zeile "seh die Welt in Trümmern liegen" ihres Kalter-Krieg-Ohrwurms "99 Luftballons" aus dem Jahr 1983. "Nein, die Welt liegt noch nicht in Trümmern", sagt sie.

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