»Ich ziehe jetzt meine Bluejeans an und radle durch den Englischen Garten«, freute sich Bischof Heinrich Bedford-Strohm am Ende der Synode. Fünf lange Tage diskutierte das Kirchenparlament der 2,6 Millionen bayerischen Protestanten. Heiß her ging es beim Thema homosexuelle Pfarrer.

»Machen Sie etwas Schönes heute Abend«, riet der Bischof den 108 Synodalen zum Abschied. Die meisten dürften seinem Rat gefolgt sein, denn nach den emotionalen Debatten galt es, Gefühle zu glätten: bei den einen Wut, bei anderen Freude, bei dritten schlicht Erschöpfung.

Dabei war das Thema, ob homosexuelle Pfarrer mit ihrem Partner im Pfarrhaus wohnen dürfen, eigentlich längst diskutiert und wird in Bayern seit einer Verordnung des Landeskirchenrats 2010 praktiziert. Die Synode sollte dem nurmehr im neuen Pfarrerdienstgesetz das gesetzliche Fundament geben. Gleichgeschlechtliche Pfarrer-Paare in eingetragener Lebenspartnerschaft dürfen im Pfarrhaus leben, wenn die Gemeinde einverstanden ist, heißt es im neuen Paragraf 18.

Doch auf der Synode gab es dagegen erneut leidenschaftliche Einwände: Die Bibel lehne Homosexualität ab. Mit der Leit- und Vorbildfunktion eines Pfarrers sei sie nimmer vereinbar.

»Können wir endlich aufhören?«

Die Mehrheit der Synodalen sah das anders: Der Ausschluss Homosexueller wäre »ein Schritt zurück in die Steinzeit«, betonte Hans-Christoph Bodenstab. »Und denken Sie es doch andersrum«, versuchte der Augsburger Anwalt zu vermitteln: »Paragraf 18 macht es Gemeinden auch möglich, Nein zu einem homosexuellen Paar zu sagen.« Denn wenn der Kirchenvorstand sage, das passe nicht, sei das Thema gegessen: »Das ist eine absolut restriktive Regelung.«

Alle überzeugte er damit freilich nicht. In einer persönlichen Erklärung betonte Hans-Joachim Vieweger vom Arbeitskreis Bekennender Christen, wie sehr es ihn schmerze, dass die »gute Schöpfungsordnung von Mann und Frau« aufgegeben werde »zugunsten einer diffusen Leitbildvorstellung«. Und die Sprecherin des konservativen Arbeitskreises Gemeinde unterwegs, Hertha Küßwetter, warnte, das Thema könne »einen Keil in die Kirche treiben«.

Nach langem Hin und Her über die Auslegung des Begriffs »Leitbild« stapfte der Synodale Karl Eberlein zum Mikrofon. »Können wir endlich mit dieser Diskussion aufhören? Mir wird es langsam zu penetrant!«, schimpfte der Nürnberger. Er erntete lauten Beifall. Entsprechend eindeutig fiel die Abstimmung aus: Mit knapp 90 Prozent der Stimmen wurde die Möglichkeit zum Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare verabschiedet.

Von ihren 1.600 Pfarrern haben derzeit fünf einen gleichgeschlechtlichen Partner, so die Kirche. Personalreferent Helmut Völkel rechnet damit, dass das neue Gesetz weitere Theologen ermutigt, sich zu outen. »Wir laufen zwar nicht in ein Fiasko, aber betreten Neuland und werden viel gestalten müssen«, resümierte Völkel.

Ein Etappenziel

»Dieser Paragraf ist zumindest ein Etappenziel, für das wir mehrere Jahrzehnte gekämpft haben«, freute sich Christine Untch vom lesbisch-schwulen Konvent über die Entscheidung der Synode. Sie hofft, dass es in einigen Jahren gar keine Rolle mehr spielt, wenn zwei Männer oder zwei Frauen im Pfarrhaus leben: »Es soll nurmehr darum gehen, wie sie miteinander umgehen im Sinn eines positiven Leitbildes für eine Partnerschaft.«

Weniger erfreut zeigte sich der Arbeitskreis Bekennender Christen: »Wir werden damit positive Prägekraft auf die Gesellschaft einbüßen«, teilte der Vorsitzende Pfarrer Till Roth mit. Zugleich ermutigte er seine Mitstreiter, sich nicht frustriert zurückzuziehen: »Gerade in dieser Situation, in der uns der Irrweg schmerzt, müssen wir auf Jesus schauen und aus seiner Vergebung leben.«

Landesbischof Bedford-Strohm dankte beiden: den Gegnern für Ehrlichkeit und Kritik, den Betroffenen für die Geduld. »So schwer das war und sein wird: Wir sind alle gemeinsam Kirche«, fasste er zusammen. Dann ließ er Augsburg hinter sich und fuhr nach Hause, wo Jeans und Fahrrad ihn erwarteten.

Dossier

Landessynode

Das bayerische Kirchenparlament, auch Landessynode genannt, bestimmt auf ihren Tagungen den Kurs der evangelischen Kirche in Bayern. Die wichtigsten Entscheidungen, aktuelle Entwicklungen sowie Interviews mit den Synodalen finden Sie in unserem Dossier zum Thema Landessynode: www.sonntagsblatt.de/landessynode

Heinrich Bedford-Strohm

Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern

Heinrich Bedford-Strohm ist seit 2011 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) und war von 2014 bis 2021 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Bedford-Strohm wurde 1960 in Memmingen geboren. Er studierte Theologie in Erlangen, Heidelberg und Berkeley (USA) und promovierte anschließend. Als Professor lehrte und lehrt er an verschiedenen Universitäten, u.a. in Gießen, Bamberg, New York (USA) und Stellenbosch (Südafrika). Sein Vikariat absolvierte er in einer Kirchengemeinde in Heddesheim, als Pfarrer war er in Coburg tätig.