Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat nach dem Berlin-Attentat einen klugen Vergleich gewagt: »Die Terroristen der Rote-Armee-Fraktion sind teilweise aus gutbürgerlichen Häusern gekommen, manche sogar aus Pfarrhäusern. Deswegen haben wir aber nicht die Pfarrhäuser geschlossen.« Er machte damit deutlich, dass nach dem Anschlag nicht die gesamte Flüchtlingspolitik der Bundesregierung infrage gestellt werden muss.

Kretschmanns Stimme ist wohltuend in einer immer aufgeregter werdenden Debatte, vor allem in den sozialen Medien im Internet. Wer sich derzeit auf Facebook begibt, dem kommt das kalte Grausen. Hier ist die Gesellschaft bereits in zwei Lager gespalten, Pragmatismus und Vernunft gehen unter.

Auf der einen Seite wird eine Fremdenfeindlichkeit geschürt, die einer Pogromstimmung nahekommt. Ein Verbot des Islam, die Schließung von Moscheen und das komplette Dichtmachen von Grenzen sind da noch die netteren Vorschläge. Auf der anderen Seite werden Menschen, die eine kritische Auseinandersetzung mit dem Islam fordern oder die Auswirkungen von Merkels Politik der offenen Grenzen beklagen, als Spalter und Hetzer diffamiert. Die einen schüren Angst, andere setzen berechtigte Sorgen mit Fremdenfeindlichkeit gleich.

Was nun nötig ist: Mitgefühl und Nächstenliebe gegenüber Menschen, die in islamischen Ländern verfolgt werden oder im Krieg alles verloren haben. Das schadet den radikalen Islamisten mittelfristig am meisten. Dann aber auch ein konsequentes Vorgehen gegen Islamismus und Salafismus in allen seinen Spielarten. Sogenannte Gefährder mit salafistischem Umfeld haben in Deutschland keinen Platz. Genauso wenig »Schutzsuchende«, die ohne Pass einreisen und bei der Ermittlung ihrer Identität nicht kooperieren. Die Grenzen müssen deswegen nicht geschlossen werden, genauso wenig wie die Pfarrhäuser anno 1977.

 

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