Die Vorbereitungen dauerten Monate: Bürger beider Konfessionen lernten ihre Rollen und beschafften historische Kleidung. Kulissen, Licht- und Tontechnik mussten organisiert werden. So wurde anlässlich des 500-jährigen Reformationsgeburtstags ein Stück Oettinger Geschichte an authentischer Stätte lebendig: Die Oettinger Jakobskirche wurde zur Bühne für ein ganz besonderes Historienspiel in zwei Akten.

Die Idee dazu hatte Oettingens evangelischer Dekan Armin Diener. Die frühere Gymnasiumsleiterin Claudia Langer setzte das Stück unter Beratung von Heimatmuseumsleiterin Petra Ostenrieder und Kreisheimatpfleger Herbert Dettweiler in 26 Szenen um. Bauhofarbeiter stellten vor dem Kirchenchor zwei große Bühnen auf, mit den Kulissen des bekannten historischen Rathauses und weiterer charakteristischer Stadtgebäude.

Konfession teilte die Bevölkerung

Angesiedelt in der Zeit nach den Glaubenskriegen, tobte in dem Stück über das Jahr 1704 auch in der Nähe der Wörnitzstadt ein Gemetzel, der Spanische Erbfolgekrieg. In jener Zeit lebten die Oettinger Christen zwar Tür an Tür, konfessionell waren sie dennoch zweigeteilt – mit eigenen Traditionen, Pfarrern, Fürsten und Grafen, selbst mit Hebammen oder eigenem Kalender. Teils wohnte auf der einen Straßenseite Katholiken, auf der anderen Evangelische.

Deren Darsteller führten nun Alltagsszenen, Dialoge und Gesänge auf – ob die Torwachen am Königstor oder die evangelischen wie katholischen Waschfrauen am Marktplatz. Auf der Nebenbühne spielte man im gräflichen Schloss, ein Mittagessen im evangelischen Pfarrhaus oder das strenge Konsistorium des Generalsuperintendenten. Alle Szenen drehten sich um die Zwistigkeiten zwischen beiden Glaubensrichtungen. Nicht zuletzt aber auch um die Liebenden aus beiden Konfessionen: Marie (Nele Sandmeyer) und Martin (Benedikt Saulich). Nach vielen Spannungen erging an ihre Beziehung in dem Stück schlussendlich doch "Gnade vor Recht".

Armin Diener im Theaterstück: Gnade vor Recht.
Der Dekan als Graf: Armin Diener hatte die Idee zu dem Stück – und übernahm selbst eine Rolle.

Zwei Vorstellungen gab es in Oettingen zu sehen. Sie waren beide mit je rund 500 Besuchern ausverkauft. Nahezu 40 Oettinger standen in dem Stück auf der Bühne, angefangen von Bürgermeisterin Petra Wagner als katholische Gräfin mit ihrem Gatten, dem Grafen, den Armin Diener darstellte. Auch seine Familie hatte der Dekan in das Stück miteinbezogen. Der evangelische Stadtpfarrer Uli Tauber gab den Generalsuperintendenten, der stellvertretende Landrat Reinhold Bittner trat als Hauptmann auf. Der langjährige Oettinger Feuerwehrkommandant Thomas Fink mimte einen Feldwebel und Stadträtin Martina Krommrei eine Waschfrau. Ein besonderes Zeichen für gelebte Ökumene war die Besetzung des Martin Luther. Den Part des Kirchenreformators übernahm der katholische Stadtpfarrer Ulrich Manz, der die Zuschauer mit seinem stimmgewaltigen "Ein feste Burg ist unser Gott" beeindruckte.

Mit viel Beifall und einem gemeinsamen "Nun danket alle Gott" endete das beeindruckend von Dekanatskantor Dietmar Kreß (Musik), Regina Krommrei (Beleuchtung), Martina Krommrei und Annette Wippermann (Bühne) sowie Uli Tauber und Moritz Eigner (Technik) in Szene gesetzte Schauspiel.

Schirmherr Albrecht Fürst zu Oettingen-Spielberg hatte die vielen Besucher in der voll besetzten Kirche begrüßt, und in den Spielpausen gab es im nebenstehenden Festzelt eine kleine Bewirtung, aber auch viele Gespräche über die vergangenen Zeiten – und ihre Oettinger Darsteller.

500 Jahre Reformation

Dossier

Vor 500 Jahren hat der Theologe Martin Luther (1483-1546) mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen die Reformation angestoßen, die zur Spaltung von evangelischer und
katholischer Kirche führte. Wie haben Gemeinden, Dekanate und Kirchenkreise das Reformationsjubiläum 2017 gefeiert? Was ist für den Reformationstag am 31. Oktober geplant? Und warum ist der dieses Jahr ein Feiertag? Erfahren Sie mehr in unserem Dossier unter www.sonntagsblatt.de/reformation!