Fastenbrechen in der Nürnberger Fachoberschule Meşale. An langen Tafeln sitzen die Fastenden, auch einige Christen sind als Gäste dabei.

"Für mich ist der Ramadan immer eine sehr intensive Zeit",

sagt Birgit Bektaş vom interkulturellen Verein Meşale, "weil wir viele Gäste empfangen, aber auch viel eingeladen werden zum gemeinsamen Fastenbrechen. Es ist ein großes Miteinander zu der Zeit." Dieses Miteinander spürt man auch in der Meşale-Fachoberschule. Hier im großen Saal haben sich Lehrer, Schüler, Eltern und Freunde des Hauses eingefunden, um den ablaufenden Tag zu feiern.

Noch ist es hell draußen. Man unterhält sich, lauscht Vorträgen und Musik.

Die Studentin Nurşen vergleicht den Ramadan sogar mit dem Intervallfasten

"Das ist ja in Mode", sagt sie, "es gibt Jugendliche, die 18 Stunden auf Nahrung verzichten und darüber berichten, wie fit Sie dadurch werden."

Ramadan ist mehr als nichts essen. Für die Muslime, die ihn streng halten, bedeutet die Gemeinschaft viel, das gemeinsame religiöse Fest und natürlich abends das langersehnte Essen!

Bald ist die Sonne untergegangen. Dann darf gegessen werden. Die andächtige Stille füllt eine Klavierspielerin mit Musik aus dem Film "Die fabelhafte Welt der Amélie".

Unter den 13 Millionen Einwohner Bayerns sind knapp 600.000 Muslime. Heuer dauert der Fastenmonat Ramadan bis zum 4. Juni. Fasten sollen alle Gläubigen ab Beginn der Pubertät. Ali Alemba ist Doktorand der Islamischen Theologie in Erlangen und erklärt den Ramadan als einen heiligen Monat im Mondkalender der arabischen Geschichte.

"Auch Geschlechtsverkehr ist nicht erlaubt von anderthalb Stunden vor Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang."

Und natürlich weder essen noch trinken. Das sei schwer in den ersten Fastentagen - doch bald gebe sich das. Nurşen studiert Zahnmedizin in Erlangen. An den Tagen vor Ramadan macht sie sich Sorgen, denn ihr Tagesprogramm sei sehr stramm und abends müsse sie lernen, erzählt sie. "Halte ich das aus? Das ist doch ungesund", geht ihr durch den Kopf.

"Aber wenn man in diesem Monat drin ist, fühlt man das Überirdische. Alles, was du vorher nicht schaffen konntest, wird in diesem Monat leichter."

Hakan Bektaş leitet das interkulturelle Meşale-Jugendwohnheim und lebt eher einen "sozialen" Ramadan: "Für mich bedeutet es, in Dialog zu treten mit Nachbarn und Mitarbeitern." Geschäftsführer Oguzhan Altuntaş interpretiert den Ramadan gar interreligiös, "dass wir uns mit Andersdenkenden, Andersgläubigen austauschen, Vorurteile abbauen, dafür ist der Ramadan auch ein sehr guter Anlass."

Um 21.10 Uhr schauen alle auf die Uhr. Fast wie an Silvester kurz vor Mitternacht ist die Erwartung spürbar. Doch gegessen wird immer noch nicht. Erst gibt es ein Gebet Richtung Mekka. Dann wird das Fasten mit einem Glas Wasser und einer Dattel gebrochen. Danach gibt es Suppe. Und schließlich Buffet und entspannte Gespräche. Die Gäste sind beeindruckt:

"Man kann mitkriegen, wie schön das ist, auch wenn man selbst nicht gefastet hat."

Und Birgit Bektaş fügt hinzu: "Gemeinsam etwas zu erleben und zu teilen, das ist wichtig in der muslimischen Community." Im christlichen Kalender ist die Hauptfastenzeit von Aschermittwoch bis Karsamstag. Ali Alemba sieht zwar theologische Unterschiede, aber auch einen gleichen Sinn:

"Der Mensch nähert sich Gott, indem er sich vom Weltlichen etwas zurückhält und damit innerlich kämpft."

Dazu käme das Gebet und der zwischenmenschliche Zusammenhalt. Diese Gemeinsamkeiten müsse man suchen und leben. Also gut, dann könnten Christen demnächst die muslimischen Nachbarn am Karfreitag zum Fischessen einladen.