Seit 70 Jahren besteht der Ökumenische Rat der Kirchen. Am 23. August 2018 wurde in Amsterdam gefeiert - unter anderem mit einem Walk of Peace. Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ist mitgelaufen und erzählt, wie es war.

Wie war Ihr Eindruck von den Feierlichkeiten zum ÖRK-Jubiläum und dem Walk of Peace?

Bedford-Strohm: Immer wieder habe ich Bilder von der Gründungsversammlung des ÖRK 1948 in Amsterdam gesehen. Deswegen war es schon ein besonderes Erlebnis, nun auf den Tag genau 70 Jahre später am gleichen Ort in der vollen Nieuwe Kerk in Amsterdam beim Jubiläumsgottesdienst mitwirken zu dürfen.  Es war ein fröhlicher Gottesdienst mit der Mitwirkung vieler junger Leute unterschiedlicher Hautfarben. Die Zukunft der Kirche, wie ich sie mir erhoffe, ist sinnlich sichtbar geworden: fromm und hoffnungsvoll, engagiert, bunt, weltzugewandt, völkerverbindend und alle Generationen umgreifend. Der wichtigste Impuls, den ich aus Amsterdam nach Deutschland mitnehme, ist die konsequente Beteiligung der jungen Generation.

Der ÖRK wurde vor 70 Jahre gegründet: Sind die Kirchen weltweit seither zusammengewachsen – oder streben sie auseinander?

Bedford-Strohm: Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Auch die Kirchen sind nicht frei von den Polarisierungen in der Welt, die wir gegenwärtig erleben. Aber ich habe den Eindruck, dass überall da, wo wir wirklich auf Christus hören, die Grundlage für die Überwindung dieser Polarisierungen gelegt ist. Die radikale Liebe Jesu Christi ist die größte Gegenkraft gegen die Missachtung der Menschenwürde, die sich in Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Anti-Semitismus oder nationalistischer Selbstüberhöhung zeigt. Ich bin in Amsterdam immer wieder auf den in Deutschland besonders deutlich gewordenen ökumenischen Geist des Reformationsjubiläums angesprochen worden. Der daraus erwachsende Impuls für Arbeit an der Einheit der Kirchen ist weltweit wahrgenommen worden. Daran können wir jetzt anknüpfen.

Welchen Herausforderungen muss sich der ÖRK aktuell widmen?  

Bedford-Strohm: Wenn es den ÖRK nicht schon gäbe, müsste er gerade jetzt dringend erfunden werden. Gerade wir in Europa brauchen in zunehmend säkularisierten Umgebungen die Impulse der Glaubensfreude und täglich gelebten Frömmigkeit aus der weltweiten Christenheit. Und die Welt braucht das Orientierungswissen der Christenheit in den großen Zukunftsfragen der Menschheit. Keine dieser Fragen ist heute noch auf nationaler Ebene zu lösen. Soziale Gerechtigkeit, Überwindung der Gewalt, die Umorientierung hin zu einer ökologisch verträglichen Wirtschaftsweise, die ernst nimmt, dass uns die Natur als Schöpfung Gottes anvertraut ist -  das alles braucht verantwortliches Handeln auf globaler Ebene. Deswegen ist das internationale Netzwerk der Kirchen gerade heute so wichtig.

Durch ihre Gemeinden tief verwurzelt in den lokalen Kontexten und gleichzeitig universal ausgerichtet im Horizont der Hoffnung auf den neuen Himmel und die neue Erde, die Gott uns verheißen hat – das ist die Kirche.

Und deswegen ist sie geradezu prädestiniert als kraftvoller Akteur einer weltweiten Zivilgesellschaft. Der Weltkirchenrat ist dafür die wichtigste institutionelle Basis. Deswegen bin ich so dankbar dafür, dass es ihn gibt.

Eindrücke von den Jubiläumsfeierlichkeiten in Amsterdam

 

 

 

 

Was ist der ÖRK - und welche Aufgaben übernimmt diese Organisation? Einen Überblick finden Sie hier.