Was möchten Sie Ihren Patenkindern mitgeben?

Susanne Breit-Keßler: Ich möchte Ihnen mitgeben, dass sie im Leben nicht alleine sind. Dass es Menschen gibt, die in Gottes Namen zu ihnen stehen und mit ihnen durch dick und dünn gehen. Und sie sollen das Gefühl haben, dass es eine Person gibt, auf die sie sich komplett verlassen können. Dass es jemand gibt, der immer an sie denkt.

Streng genommen geht es bei einer Patenschaft um die christliche Erziehung. Wie wichtig ist Ihnen die Vermittlung von christlichen Werten?

Breit-Keßler: Das ist für mich sehr wichtig. Zwei meiner Patenkinder sind Pfarrerskinder und auch die haben Fragen an den Glauben und Zweifel, wie sie jeder Mensch im Leben haben kann. Darüber spreche ich mit ihnen, zeige, dass ich sie ernst nehme und bringe meine eigenen Glaubenserfahrungen mit ein.

Können Sie eine konkrete Frage nennen, mit denen Ihre Patenkinder auf Sie zugekommen sind?

Breit-Keßler: Über das Thema Auferstehung und Wiedergeburt habe ich mit meinen Patenkindern gesprochen. Gerade so esoterische Dinge wie Wiedergeburt und die Frage ‚Habe ich schon mal gelebt und wenn ja, als was‘ können einen schon mal durcheinanderwirbeln. Solche Sachen sind für junge Leute sehr interessant. Aber auch das Verhältnis zu anderen Religionen spielt eine große Rolle in Gesprächen.

Offiziell ist eine Patenschaft mit der Konfirmation beendet. Hat es für Sie etwas verändert, als Ihre Patenkinder konfirmiert wurden?

Breit-Keßler: Im Gegenteil. Ich hatte den Eindruck, jetzt werde ich besonders wichtig. Je kleiner die Kinder sind, desto mehr werden sie von den Eltern betreut und je älter sie werden, desto mehr beschäftigen sie Dinge, die sie nicht unbedingt mit den Eltern besprechen wollen. Dann kommen sie lieber zu einer Patentante, die mehr den Charakter einer guten, älteren, erfahrenen Freundin hat, der man vieles sagen kann und die das garantiert den Eltern nicht weitererzählt.

Wie unterscheidet sich das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern im Vergleich zum Verhältnis zwischen Patenkindern und Patin?

Breit-Keßler: Die Patentante steht in ihrer Rolle zwischen Eltern und Großeltern.  Eltern haben die Aufgabe der Erziehung, müssen auch unangenehme Dinge durchsetzen und Kindern beibringen, wo ihre Grenzen sind. Die Großeltern können  erlauben, was sie als Eltern nie erlaubt hätten. Die Patentante steht so ein bisschen in der Mitte. Sie hat große Freiheiten im Umgang mit dem Patenkind, aber eben auch die Verantwortung, zu sagen, wenn sie etwas nicht gut oder kritikwürdig findet. Als Patentante bin ich selbst teilweise auch eine Vermittlerin zwischen Eltern und Kindern.

Was würden Sie Menschen raten, die sich nicht sicher sind, ob sie eine Patenschaft übernehmen sollen?

Breit-Keßler: Es ist ein Geschenk des Vertrauens, wenn einem eine Patenschaft angetragen wird. Ich finde es ganz wunderbar, wenn einem zugetraut wird, ein Menschenkind durch sein Leben zu begleiten. Der eigene Horizont wird durch den Kontakt mit jungen Leuten erweitert, wenn sie kommen und Fragen stellen. Diese menschliche Beziehung ist das Wertvollste, das es auf der Welt überhaupt geben kann. Besonders fasziniert mich, dass man immer gefordert ist, sich auf die verschiedenen Lebensstufen des Patenkindes einzulassen und es von Kindheit über Pubertät bis hin ins Erwachsenenleben begleitet.

Viele denken, dass sie mit der Patenschaft auch gesetzlich dazu verpflichtet sind, sich um die Kinder zu kümmern, wenn der schlimmste Fall eintritt und beide Elternteile ums Leben kommen – was nicht stimmt. Aber haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht, ob sie in diesem Fall die Verantwortung für die Kinder übernehmen würden?

Breit-Keßler: Jetzt sind meine Patenkinder groß und selbstständig, aber ich wäre immer bereit gewesen, sie aufzunehmen. Ich hätte das auf jeden Fall gemacht. Es sei denn jemand anders aus der Familie, der ein besseres Heim hätte bieten können, hätte diese Aufgabe übernehmen wollen. Das hätte gut überlegt werden müssen, was für das Kind das Beste ist. Denn das Wohl des Kindes muss man immer an erster Stelle setzen. Zum Glück war das nicht nötig.

Dossier

Taufe & Patenamt

Die Taufe ist für viele Familien ein großes Ereignis. Mit ihr wird ein Kind in der evangelische Glaubensgemeinschaft willkommen geheißen. In unserem Dossier beantworten wir Fragen rund um das Thema Taufe. Welche biblische Bedeutung hat die Taufe? Wie können sich Eltern auf die Taufe vorbereiten? Welche Aufgaben haben Paten? Welche Fürbitten und Taufsprüche gibt es? Lesen Sie mehr auf sontagsblatt.de/taufe.

Eltern sagen immer häufiger, das Kind sollte selbst entscheiden, ob es getauft werden möchte oder nicht. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Breit-Keßler: Ich schätze diese Einstellung gar nicht. Und zwar deswegen nicht, weil dann das Kind häufig überhaupt nicht in  Kontakt mit Glauben kommt. Woran soll es sich dann orientieren? Wo nimmt es dann seine Kriterien für seine gewünschte Entscheidung her? Ein Kind muss sich eh entscheiden, ob es den Glauben behalten will oder nicht. Ich würde einem Kind es gerne gönnen wollen, dass es im Glauben aufwächst, dass es alles kennenlernt, die biblischen Geschichten von Anfang an hört und erzählt bekommt, die Kirchenfeste feiert. Und als Konfirmand darf und muss das Kind entscheiden.

Wie würden Sie jemanden, der nicht sicher ist, ob er sein Kind taufen lassen soll, davon überzeugen es doch zu tun?

Breit-Keßler: Der wichtigste Grund ein Kind taufen zu lassen, ist für mich: Hier ist ein Menschenleben entstanden, das will ich Gott anvertrauen und ihn um seinen Segen und seinen Schutz für dieses Menschenkind bitte. Als Eltern, Großeltern oder Freunde können das nicht alleine schaffen. Gottes Hilfe ist von Nöten, das ist das eine. Und das andere: Diesen seelischen, psychischen Übergang von einer Situation in die andere ist sinnvoll mit einem Gottesdienst zu begleiten - wie bei einer Trauung oder am Ende des Lebens mit einer Beerdigung. Das sind  die einschneidenden rites de passage, .   bei denen Menschen kompetente und spirituelle Begleitung gut gebrauchen können.

Sie sind nicht nur Taufpatin, sondern haben auch Patenschaften aus sozialem Engagement übernommen. Seit vielen Jahren fördern Sie weltweit Kinder bei Ihrer Schulausbildung. Gab es einen speziellen Auslöser als Sie zum ersten Mal eine solche Patenschaft übernommen haben?

Breit-Keßler: Zu dem Zeitpunkt, als ich wusste, dass ich aufgrund einer schweren Erkrankung keine Kinder bekomme, habe ich überlegt, was ich jetzt mache. Mir ist es nicht gegeben, für eigene Kinder zu sorgen, also ist es meine Aufgabe, für andere zu sorgen. Wir müssen für die nächste Generation da sein - wie auch immer. Ob es das eigen Fleisch und Blut ist oder ob es von jemand anderes ist, ist in meinen Augen sekundär.

Wie sehen die Patenschaften neben der finanziellen Unterstützung genau aus?

Breit-Keßler: Wir schicken uns regelmäßig Briefe und Fotos und erzählen uns aus unserem Leben. Es ist mir sehr wichtig, nicht nur Geld zu geben.  Ich möchte  sehen, wie das Kind lebt, wie leben die Geschwister, wie lebt die Familie, was kann man vielleicht an kleinen Geschenken schicken, die dem Kind eine Freude machen  abseits der schulischen Ausbildung. Das vietnamesische Kind, das ich aktuell unterstütze, hoffe ich auch bald besuchen zu können.

Warum haben Sie sich für eine konkrete Patenschaft entschieden und nicht dazu, ein Projekt zu unterstützen?

Breit-Keßler: Ich weiß, dass es kritische Anfragen gibt, weil manche sagen, man sollte sein Geld in größere Projekte geben. Aber ich schaue immer darauf, dass es Hilfsorganisationen sind, die nicht – überspitzt formuliert – das hübsche Negerkind präsentieren, mit dem man sich selber schmückt. Sondern die, wie in meinem Fall zum Beispiel eine Kooperative in einem  vietnamesischen Dorf begonnen haben mit der  alle Kinder gefördert werden. Und ein Kind hat dann einen besonderen Bezug zu einem besonderen Paten. So kann Beziehung wachsen. Ich finde es wichtig, sich um namentlich bekannte kleine Menschen zu kümmern, weil man so noch einmal mehr über das Leben in einem anderen Land erfährt. Ein Individuum ist etwas anderes als ein Projekt.