Der Flüchtlingsrat habe bereits Kenntnis über fünf inhaftierte Afghanen aus Bayern. Einer von ihnen habe fliehen müssen, weil er von den Taliban bedroht wurde. Ein anderer sei gesundheitlich schwer beeinträchtigt und habe einen künstlichen Darmausgang. Ob und wie er in Afghanistan eine notwendige Gesundheitsversorgung erhalten könne, sei bislang nicht geklärt. Zudem lebe er in einer festen Beziehung mit einer Deutschen, die im vierten Monat schwanger ist.

Der Flüchtlingsrat kritisiert die bayerische Forcierung der Afghanistan-Abschiebungen als "wahlkampfbedingte Überreaktion der CSU". UNHCR habe in einer aktuellen Stellungnahme festgestellt, dass Kabul nicht länger als sicherer Ort angesehen werden kann. "Entsprechend müsste eine genaue Überprüfung stattfinden, ob Abgeschobene irgendwo sicher sind und wie sie dort hinkommen", betonte Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. Doch Bayern forciere stattdessen die Abschiebung von Flüchtlingen, die gut integriert waren, und mache auch vor Kranken nicht halt.

Seit die Bundesregierung im Juni die Einschränkungen für Afghanistan-Abschiebungen aufgehoben hat, gilt für rechtskräftig abgelehnte Asylsuchende die Ausreisepflicht. Zuvor konnten nur Straftäter, Gefährder und Personen, die sich "hartnäckig der Identitätsfeststellung verweigern" gegen ihren Willen zurück nach Afghanistan abgeschoben werden. Aktuell hält jedoch noch die Mehrheit der Bundesländer - im Gegensatz zu Bayern - an den Einschränkungen für Abschiebungen nach Kabul fest.

Der Flüchtlingsrat und verschiedene Hilfsorganisationen fordern einen kompletten Abschiebestopp: Sie halten Afghanistan nach wie vor für "nicht sicher".

In München gibt es am Dienstag um 19.30 Uhr eine Nacht-Demonstration gegen die bayerische Abschiebepraxis. Treffpunkt ist am Odeonsplatz. Der Zug geht bis zur Münchner Freiheit.