In Zentrum des diesjährigen Afrikatages, der rund um den 6. Januar begangen wird, stehen Nigeria und die Arbeit der einheimischen Ordensfrauen. Der Afrikatag wurde 1891 von Papst Leo XIII. eingeführt und ist damit nach eigenen Angaben die älteste gesamtkirchliche Kollekte der Welt.

Nigeria im Zentrum des Afrikatags

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick ist Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz und kennt sich daher mit den Sorgen und Nöten in Nigeria aus.

Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erzählt er unter anderem, was getan werden muss, um dem islamistischen Terror von "Boko Haram" im Norden Nigerias Einhalt zu gebieten, und ob Afrika tatsächlich der Krisenkontinent ist, als der er oft gesehen wird.

Das diesjährige Schwerpunktland Nigeria leidet unter dem Terror der islamistischen Milz "Boko Haram". Was können Christen und die Kirche tun, um Dialog und Versöhnung zu schaffen?

Ludwig Schick: Nigeria, besonders der Norden, leidet unter dem schrecklichen islamistischen Terror, der Menschen tötet, Felder und Ernten zerstört, Flucht verursacht. Er muss mit allen Mitteln beendet werden. Dazu ist eine Dreifachstrategie nötig. Erstens: Die terroristischen Gruppen müssen mit allen Möglichkeiten durch Polizei und Militär bekämpft und ausgeschaltet werden. Sie dringen oft von außen nach Nigeria ein. Dazu sind Nigeria und die Internationale Staatengemeinschaft nötig. Leider Gottes gibt es nicht genügend Einigkeit unter den Staaten Afrikas und auch nicht in der Internationalen Staatengemeinschaft für dieses Ziel. Da muss sich was ändern!

Zweitens: Alle Staaten müssen die Religionsfreiheit nicht nur in die Verfassungen schreiben, sondern sie mit allen Möglichkeiten propagieren und einführen, die Toleranz und gegenseitige Akzeptanz einfordert. Dazu ist gute Schulbildung wichtig. Auch die Universitäten, ebenso Industrie, Verwaltung und Handel dürfen keine Diskriminierungen aus religiösen Gründen zulassen. Die Politiker müssen in all ihrem Reden und Tun die Religionsfreiheit und das friedliche Miteinander aller Gruppen einfordern. Drittens: Die Religionen müssen den interreligiösen Dialog pflegen, um sich immer besser zu verstehen und Solidarität und Frieden, Freiheit und Einheit zu fördern. Es gibt bereits viele gute Ansätze, auch in Nigeria im interreligiösen Dialog; er muss weitergeführt werden.

Der Afrikatag 2021 steht unter dem Motto "Damit sie das Leben haben". Was gehört denn zu einem erfüllten Leben in Afrika?

Schick: Zum Leben gehört das tägliche Brot, Gesundheit, Freiheit, Sicherheit und Friede, Familienleben. Für Kinder und Jugendliche: Spielen, Lernen, sich entwickeln. Für Erwachsene: Arbeit und Selbstbestimmung in Religion, Beruf und gesellschaftlichem Leben. Das gilt für alle Menschen, auch in Afrika. Wir müssen uns gegenseitig helfen, dass überall die Menschen das Leben haben.

Afrika wird in der Öffentlichkeit zumeist als Krisenkontinent wahrgenommen. Trifft diese Einschätzung überhaupt zu?

Schick: Afrika ist der reichste Kontinent. Die meisten Bodenschätze der Erde gibt es in Afrika: Öl, Lithium, Kupfer, Gold etc., herrliche Landschaften, fruchtbaren Boden, Wasser und Meer, viele junge, kräftige Menschen, die in Afrika blühende Landschaft errichten und einen Beitrag für das Gemeinwohl in der ganzen Welt leisten könnten.

Afrika ist zugleich der Krisenkontinent, weil die Afrikaner an ihrer Entwicklung gehindert werden. Der Reichtum Afrikas macht die reichen Länder Europas und Nordamerikas reicher und belässt die Afrikaner in ihrer Armut. Das muss sich ändern. Afrika den Afrikanern, die ihren Beitrag zum internationalen Wohl beitragen!

Als Weltkirche-Bischof unternehmen Sie sonst Solidaritätsreisen nach Afrika. In Corona-Zeiten ist das gerade nicht möglich. Wie kann man von Deutschland aus Solidarität zeigen?

Schick: Wir in Deutschland und Europa müssen noch entschiedener Religionsfreiheit propagieren, die auch bei uns in jüngster Zeit verstärkt in Wort und Tat in Frage gestellt wird. Der wachsende Antisemitismus, Islamphobie, auch Diskriminierung von Christen, müssen geächtet und überwunden werden. Das ist ein Beitrag für den Religionsfrieden weltweit. Der interreligiöse Dialog muss auch bei uns weitergeführt werden, auch als Beispiel für Afrika und alle anderen Kontinente.

Mit unserem Opfer am Afrikatag, aber auch bei den Sternsingern, werden in Afrika Projekte in Bildung, im Gesundheitswesen sowie in der Friedensarbeit gefördert, die direkt oder indirekt der Solidarität und dem gegenseitigen Verständnis der Menschen aller Religionen in Afrika dienen. Das Gebet für die verfolgten und bedrängten Christen in Afrika, das auch die Bedrängten und Verfolgten anderer Religionen und Weltanschauungen einschließt, ist ein Beitrag zum Religionsfrieden in Afrika.