Es sind Bausteine für das Leben – ein Leben bis zuletzt, weil »Sterben auch Leben ist«. Mit diesem Slogan und mit kleinen Ziegel-Bausteinen wirbt der Hospizverein Kempten-Oberallgäu für ein großes Projekt: ein neues Allgäu-Hospiz, das zunächst zwölf statt bisher acht Gästen ein Heim in der letzten Lebensphase bieten soll. Später sollen dort einmal 16 Menschen im Raum Kempten und dem Allgäu die Pflege und Fürsorge bekommen, die sie benötigen, um mit einer schweren Krankheit ein würdiges Leben bis zum Lebensende führen zu können. Vier Millionen Euro an Spenden benötigt der Verein für das Projekt, 3,5 Millionen Euro hat er bereits gesammelt.

Viele Menschen finden keinen Hospizplatz

Hintergrund für den Neubau ist der große Bedarf. Die Zahlen aus den vergangenen Jahren zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage: 2015 konnten 39 Gäste nicht aufgenommen werden, da alle Zimmer bereits belegt waren. 2016 ging diese Zahl bis auf 113 in die Höhe.

Vor dem Umzug in das neue, größere Hospiz müssen die Verantwortlichen jedoch einen Kraftakt bewältigen: Der Neubau entsteht an der Madlenerstraße in Kempten am Standort des bisherigen Hospizes. Das bedeutet, dass das Hospiz ab Mitte Februar während der Bauphase einen Übergangsstandort bekommt.

Neubau soll im März beginnen

»Ab März wollen wir mit dem Bauen beginnen und dann hoffentlich Ende 2019 einziehen«, berichtet Bürgermeister Josef Mayr, der Vorsitzende des Hospizvereins. Für Mayer ist das neue Allgäu-Hospiz aufgrund der hohen Eigenleistung von vier Millionen Euro »die größte Herausforderung, die von Ehrenamtlichen bisher gestemmt wurde«.

Den Hospizverein Kempten-Oberallgäu gibt es seit 1993. Engagiert leisteten die Kemptener Mediziner Erich Farkas, Josef Haslbeck und Barbara Zagoricnik-Wagner mit einer kleinen Gruppe Ehrenamtlicher die Aufbauarbeit, die Schulung von Hospizbegleitern und den Aufbau der ambulanten Hospizarbeit. Fortbildungen und Erfahrungsaustausch in Kliniken zur Schmerztherapie und Einführung der Palliativmedizin waren von Anfang an ein Anliegen. Öffentliche Vorträge über Sterben, Tod und Trauer sollten eine Bewusstseinsänderung der Öffentlichkeit bewirken.

Der Internist Volker Hiemeyer setzte sich als Vorsitzender des Hospizvereins bereits Ende der 1990er-Jahre für ein stationäres Hospiz ein. Ihm ist es zu verdanken, dass 2003 das Allgäu-Hospiz mit acht Gästezimmern auf dem Areal des ehemaligen Landratsamts eröffnet werden konnte. Das Bayerische Rote Kreuz Oberallgäu ist mit 49 Prozent Mitträger am Allgäu-Hospiz, der Hospizverein hält 51 Prozent. Der Verein hat derzeit 121 ehrenamtliche Hospizbegleiter. Sie verteilen sich auf die Hospizgruppen Kempten, Immenstadt, Sonthofen und Oberstdorf.

Große Unterstützung der Bevölkerung

Das kommende Jahr wird aber nicht nur vom Umzug in den Neubau geprägt sein. Hospizverein und Allgäu-Hospiz feiern dann auch ihr 25-jähriges und 15-jähriges Bestehen. »Längst ist der Hospizgedanke im Herzen der Gesellschaft angekommen«, stellte Josef Mayr erst jüngst fest. Dementsprechend groß ist die Unterstützung in der Bevölkerung: So starteten unter anderem die 16 Service-Clubs wie etwa die Rotarier in Kempten und dem Oberallgäu ein »Leuchtturmprojekt«: Sie übernehmen die Finanzierung der 16 Gästezimmer.

Darüber hinaus helfen die Kemptener und Oberallgäuer mit vielen kleinen und größeren Aktionen. Sehr erfolgreich verlief etwa das Hospizfest diesen Sommer am Residenzplatz. »Stein um Stein« wurde hier für 25 Euro verkauft. Denn: Jeder kann in die Lage kommen, die Hilfe der Hospizfamilie zu benötigen. Mayr sieht darin auch den Grund für die große Spendenbereitschaft der Bevölkerung.