Mancher Gymnasiast steht nach Schulabschluss zwar mit dem Abitur in der Hand, aber ohne weiteren Plan da. Nicht so Jonas Laugsch. Bereits im Alter von 16 Jahren wusste er schon, dass Pfarrer werden "sein Ding" ist. "Vielleicht hat die Familie da eine gewisse Mitschuld", lacht der 20-Jährige. Denn nahezu jeder in der näheren Verwandtschaft ist in unterschiedlicher Funktion beruflich mit der evangelischen Kirche verbandelt: Die Mutter ist Religionspädagogin, sein Vater arbeitet als Diakon in der Gemeinde St. Jobst in Nürnberg.

So lag es auf der Hand, dass Jonas nach dem Ende der schulischen Ausbildung auf einem Internat in Blaubeuren auch in diese Richtung geht: Er will Theologie studieren, und zwar an der Universität in Tübingen, die eng mit seiner Schule verbandelt ist.

Kontakt zur Zielgruppe

"Ich hätte gleich von der Schule in die Hörsäle wechseln können. Dann wäre ich aber die nächsten Jahre so schnell nicht rausgekommen", gibt Jonas zu. Daher "gönnt" er sich derzeit einen praktischen Einblick in den Alltag einer Pfarrei als Bundesfreiwilligendienstleistender. Und den absolviert er – praktischerweise – in St. Jobst im Nürnberger Stadtteil Erlenstegen, wo die Stelle des Jugendbeauftragten vakant ist. Hier übernimmt er viele Aufgaben, organisiert die Angebote für Jugendliche, nimmt an Besprechungen teil und hält den Kontakt zur Zielgruppe, was wegen des geringen Altersunterschieds hervorragend funktioniere. "Mein Job ist eine gute Probe für das, was mich als Pfarrer erwartet", sagt Jonas. Es herrsche mehr Bürokratie, als er sich vorgestellt hatte.

Aber wie der Zusatz in seiner Dienstbezeichnung verrät, hat Jonas einen Schwerpunkt in der Arbeit mit Flüchtlingen, die in der nahe der Pfarrei gelegenen Unterkunft darauf warten, dass es irgendwie weitergeht. Jonas unterstützt gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Helferkreis die Asylbewerber bei Deutschkursen und der Organisation des Alltags. Etwas, das man auf der Schule oder in der Uni nicht erlebt.

Tröster und Motivator

Noch spezieller ist in diesem Fall das Engagement von St. Jobst für Flüchtlinge und für die beiden Kirchenasylanten, die bereits seit Februar in einer Wohnung auf dem Gelände der Pfarrei untergekommen sind. Die jungen Männer sollten nach Äthiopien abgeschoben werden, da ihre Heimat als sicheres Herkunftsland gilt und der Staat somit keinen Grund sah, deren Asylantrag stattzugeben. Jedoch drohe den beiden zu Hause Verfolgung. Daher haben sie sich an das Pfarramt St. Jobst gewandt – und schließlich eine Herberge gefunden.

Jonas koordiniert die Deutschkurse für die Äthiopier, sorgt dafür, dass sie ihre Termine wahrnehmen, und hilft, wo er gebraucht wird. Manchmal ist er auch Tröster und Motivator. Die beiden sollten das Gelände ihres Asyls nicht verlassen, da ihnen draußen die Vollstreckung ihres Abschiebebescheids droht. Seither leben sie zwar für ein paar Monate wenigstens in Sicherheit, aber auch in ungewisser Zukunft, und das auf begrenztem Raum. "Manchmal ist die Stimmung da schon am Tiefpunkt und ich muss zusehen, dass sie sich nicht hängen lassen", erklärt Jonas.

Flüchtlinge im Kirchenasyl

Bei unserem Besuch treffen wir die jungen Männer, die nicht fotografiert werden möchten, in ihrer gepflegten Wohnung an: Es sind höfliche, freundliche Mittzwanziger, die zum Sitzen bitten, Getränke anbieten, ihre vier Wände bunt gestaltet haben und einen Fernseher als einzigen Luxus in der ansonsten zweckmäßig eingerichteten Bude besitzen. Der Blick vom Balkon geht direkt auf den Friedhof hinter der Kirche St. Jobst. Eigentlich trostlos, aber zumindest bei Beerdigungen ist hier mal "was los". Besser als fernsehen, und vor allem live.

Mit dem Deutsch klappt es schon einigermaßen, auch wenn sie immer wieder ins Englische rutschen. "Wir bleiben dran!", strahlen sie. Ihren Mut haben sie nicht verloren. Und daran ist Jonas Laugsch sicher ein Stück mitschuld, so wie seine Eltern an seiner Berufswahl