Die Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus setzen auch den 647 bayerischen Bierherstellern teils kräftig zu. Erstes Opfer ist im unterfränkischen Werneck die Wernecker Bierbrauerei.

Die Brauerfamilie der 1617 gegründeten Braustätte hat Ende März angekündigt, die Brauaktivitäten einzustellen - der Grund: die Absage von Großveranstaltungen und das eingebrochene Gastronomiegeschäft wegen der Auswirkungen der Corona-Beschränkungen.

Ob nun ein großes Brauereisterben einsetzt, kann der Verband Privater Brauereien Bayern aktuell nicht sagen. "Die Dauer des Shutdown ist da entscheidend", sagt Verbandssprecher Stefan Stang.

Allerdings beobachtet er bei den überwiegend unabhängigen, familiengeführten Betrieben verschiedene Stimmungen. Bei den Brauereien, die Wirtshäuser, Restaurants und Volksfeste beliefern, bricht das Geschäft "bis zu 100 Prozent" ein. Große und kleine Volksfeste und Dults zu Ostern und zum Frühling sind bis auf weiteres zur Eindämmung der Corona-Pandemie abgesagt.

Stang ist selbst beim Münchner Oktoberfest "Stand heute" nicht sicher, ob und in welcher Form es stattfinden werde. Er plädiert zur Sicherheit "lieber für längere Schutzmaßnahmen" und eine stufenweise Rückkehr zur Normalität.

Vergleichsweise besser gehe es den Brauereien, die den Handel mit Bierflaschen und alkoholfreien Getränken beliefern. Stang diagnostiziert auch "Hamsterkäufe beim Bier", allerdings nicht im Ausmaß von Klopapier und Mehl.

"Einen herben Dämpfer" hat auch der Kult um das Craftbeer abbekommen. Gerade kleinere Start-ups haben mit eigenwilliger Braukunst die Möglichkeiten beim Brauen ausgereizt. Diese Bierspezialitäten sind bei den Kunden gut angekommen, haben der Branche gutgetan und für ein Plus der Braustätten gesorgt, erklärt der Verbandssprecher.

Stang entdeckt in der Krise aber auch Positives in der Brauwirtschaft. Es herrsche jetzt Solidarität untereinander. Brauereien würden bei ihren Gastro-Pächtern für ein oder zwei Monate die Miete stunden und eigentlich bereits verkauftes Bier zurücknehmen.

Gleichzeitig appelliert der Verband an den Einzelhandel, auf günstige "Sonderkonditionen und Rabattschlachten" zulasten des Bierpreises zu verzichten.

Betroffen ist beispielsweise auch die Neumarkter Biobrauerei Lammsbräu. Eigentlich werden rund 20 Prozent des Geschäfts mit der Gastronomie gemacht. Und ob der für ihn in diesem Jahr wichtige Termin, das Juravolksfest im August, stattfindet, stehe noch in den Sternen, sagt Brauereichef Ehrnsperger.

Dafür liegt der Verkauf über den Einzelhandel im Plus. Er gehe davon aus, dass viele Menschen im Homeoffice Getränke aus dem alkoholfreien Sortiment kaufen.

Derzeit sieht sich Ehrnsperger auf der sicheren Seite: "Unser nachhaltiges Geschäftsmodell zahlt sich aus." Die Traditionsbrauerei in Familienhand hätte nie auf grenzenloses Wachstum gesetzt, sondern wollte sich immer gesund weiterentwickeln. Kurzarbeit ist aktuell für die 145 Mitarbeiter noch kein Thema, derzeit werden erst einmal Überstunden abgebaut oder in anderen Abteilungen ausgeholfen. 

Regionalität bei der Herkunft der Rohstoffe zahlt sich aus

Der Biobrauer sagt, er beziehe fast alle Rohstoffe "extrem regional". Die Versorgung mit Braugerste und Hopfen sei gesichert. Preise und Abnahmemengen seien den Vertragslandwirten langfristig garantiert, erklärt Ehrnsperger.

Auch von dem branchenweit eingebrochenen Bierexport sind die Neumarkter kaum betroffen, denn "schon aus Umweltschutzgründen ist Export traditionell kein großes Thema". Nur rund zwei Prozent gehen ins Ausland und zwar lediglich in den Naturkostfachhandel angrenzender Länder.

Den Lammsbräu-Wirten, die eine Gastwirtschaft als Unterpächter betreiben, hat Ehrnsperger alle Lieferungen und die Pacht gestundet. Eine Vorleistung, denn noch ist nicht klar, ob ihm als Pächter wiederum die Pacht gestundet wird. Wann es mit dem "Gesellschaftsgut Bier" wieder aufwärts geht, kann Ehrnsperger nicht einschätzen.

Für ihn macht die Corona-Krise aber deutlich: "Wir müssen die allgegenwärtige Globalisierung nicht nur hinsichtlich der Umweltbelastung hinterfragen. Auch unter Risikogesichtspunkten schneidet eine regional ausgerichtete Wertschöpfung oft viel besser ab."