Das Thema Kirchenasyl beschäftigt nicht nur St. Matthäus in Passau, sondern auch andere Kirchengemeinden, legte Dekan Wolfgang Bub zu Beginn der Konferenz dar. Alois Glück (CSU) erklärte daraufhin, dass Kirchenasyl grundsätzlich eine Gratwanderung für den Staat darstelle. Die zuständigen Stellen müssten wissen, wer sich wo aufhält. Daher gelte es, sorgsam mit dem Kirchenasyl umzugehen, um es nicht als Ganzes zu gefährden, als pragmatisch-tolerante Lösung. "Aber Kirchenasyl muss eine Ausnahme bleiben", sagte Glück.

Pfarrer i. R. Klaus-Peter Metzger, Asylbeauftragter des evangelisch-lutherischen Dekanats Passau, brachte die Enttäuschung vieler Flüchtlingshelfer, Kirchenvertreter und Diakoniemitarbeiter zur Sprache: Vermisst worden sei, dass die bayerische Politik hinter den Helfern stehe. Als sich die Stimmung gegenüber Flüchtlingen drehte, seien auch Helfer verunglimpft worden. Viele Afghanen seien von Abschiebung bedroht, würden trotz der "2+3-Regelung" aus der Lehre herausgeholt und als Identitätsverweigerer abgeschoben. Klar sei aber auch, wie schwierig es sei, Dokumente aus Afghanistan zu beschaffen. Abgeschobene seien in ihren Heimatländern bedroht.

Alois Glück: Einwanderungsgesetz fehlt

Auch bei Einheimischen werde "der Rechtsstaat vollzogen", unterstrich Glück. Erhielten sie einen Bescheid und zahlten nicht, habe das Konsequenzen. Auch für Ausländer müsse der Rechtsstaat vollzogen werden. Er räumte aber Fehler ein, weil es noch immer kein Einwanderungsgesetz gebe.

Pfarrer Heiner Soffel aus Pfarrkirchen berichtete über eine Verunsicherung der Helfer in der Kooperation mit offiziellen Stellen aufgrund bürokratischer und Verwaltungsvorschriften, die als Gängelung empfunden würden.

Helferkreise kämen an ihre Grenzen, bestätigte Pfarrerin Claudia Brunnmeier-Müller aus Gangkofen. Die Beispiele zeigten, dass auch der Staat an Grenzen stoße, die Migration zu bewältigen, beschrieb Glück das Dilemma. Er trat für Transparenz und das Subsidiaritätsprinzip ein.

Glück fordert Aufklärung statt Populismus

Angst mache Brunnmeier-Müller, dass mittlerweile 33 Prozent der Deutschen sagten, sie bräuchten keine Demokratie. Vor einigen Jahren seien es noch 16 Prozent gewesen. Der demokratische Rechtsstaat sei kein gesicherter Besitzstand, mahnte Glück. Heute gehe es nicht mehr um "links oder rechts", sondern um die Frage "Rechtsstaat oder eine Entwicklung wie in Polen, wo der Volkswille wichtiger ist als die Verfassung".

Glück rief zu kirchlicher Bildungsarbeit auf, zur Auseinandersetzung "mit Populisten von links bis rechts". Es sei "chic" geworden, über Politiker "abfällig" zu reden, auch im kirchlichen Raum. Dies sei aber der Nährboden für Vereinfacher. Es stehe die westliche liberale Gesellschaft auf dem Prüfstand. Die Menschen sehnten sich nach Heimat. Es gelte aufzupassen, "dass diese Sehnsucht nicht kippt und in Nationalismus umschlägt".

Deutschland sei eine Insel der Stabilität, und dennoch gebe es eine wachsende Unsicherheit, was auch die Sicherheitskonferenz in München gezeigt habe, sagte Glück. Als Grund für diffuse Ängste der Menschen sah er die epochalen Veränderungen der letzten zehn Jahren. Mit dem russischen Einmarsch in die Krim sei der "Traum vom Siegeszug von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat" ausgeträumt.

Autokratische Systeme hätten Konjunktur. Die Flüchtlingskrise markiere eine neue Etappe der Globalisierung. Daraus lerne man, dass die Welt "eine globale Schicksalgemeinschaft" sei. Es gelte daher, Fluchtursachen zu bekämpfen, den Menschen in anderen Regionen bessere Lebenschancen zu ermöglichen.

Glück: Menschenwürde beachten

Die Begrenzung der Flüchtlingsströme sei notwendig. Maßstab dafür sei die unmittelbare Notsituation. Christen komme ein wichtiges Wächteramt zu, wo es um Menschenwürde gehe. Diese werde von allen Parteien außer der AfD anerkannt. Doch jeder Mensch habe die gleiche Würde.

Glück mahnte einen "Mix aus Maßnahmen der Politik" an. Er trat für bessere Lebensbedingungen für die Menschen in den Flüchtlingslagern im Nahen Osten ein. Dass die Gelder hier gekürzt werden, bezeichnete er als "skandalös". Die Hilfe für die Flüchtlingscamps sei ein Beitrag zur Begrenzung der Flucht. Hierzulande sei die Hilfe zur Integration nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der Kapazitäten, zum Beispiel bezüglich des Wohnungsmarkts. Es dürften aber keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Für Bürgerkriegsflüchtlinge sei es ein Aufenthalt auf Zeit. Eine schwierige Abwägung seien die Abschiebungen. Ein funktionsfähiger Rechtstaat sei aber höchstes Gut.