Aktuell befinden sich im oberfränkischen Marktredwitz zwei Syrer im Kirchenasyl bei Pfarrer Klaus Wening. Der Marktredwitzer Pfarrer bezeichnet die Brüder Ahmad und Bilal als seine "Gäste". Seit Dezember sind sie bei ihm und gemeinsam wurde Weihnachten und Silvester gefeiert. Die beiden sind über Griechenland nach Deutschland gekommen.

Für das Asylverfahren ist jedoch das Erstaufnahmeland zuständig, in diesem Fall also Griechenland, und dorthin müssten sie auch wieder zurück. Für Klaus Wening ein Unding, denn die Standards in den europäischen Ländern sind sehr unterschiedlich, was Asyl betrifft.

Auf der Straße übernachtet

In Griechenland haben die beiden Syrer keinerlei Hilfe erfahren, sie waren nicht krankenversichert, auch finanziell gab es keine Unterstützung. Selbst ein Nachtlager wurde ihnen nicht zugewiesen, also verbrachten sie ihre Nächte auf der Straße. Das abgebrannte Flüchtlingslager Moria sei ein Spiegelbild, welche unzumutbaren Verhältnisse in diesen Lagern herrschen.

Klaus Wening kann es nicht "mit der Menschenwürde vereinbaren, sie wieder zurückzuschicken".

Bilal und Ahmad sind jetzt erst mal vor der Abschiebung sicher, alle Stellen wurden informiert, vom Bundesamt für Immigration und Flüchtlinge bis hin zur örtlichen Polizei.

Der Marktredwitzer Pfarrer muss nun ein Dossier erstellen, in dem noch mal die wichtigsten Gründe dargelegt sind, warum er der Ansicht sei, das hier ein besonderer Härtefall vorliege. In Absprache mit dem Landeskirchenamt wird das Dossier an das Bundesamt geschickt, dort wird es überprüft. Die Ablehnungsquote ist jedoch sehr hoch. Aber bis dahin leben die Syrer bei Klaus Wening wie "in einer kleinen Familie". Aufstehen spätestens um 8 ist Pflicht im Hause Wening.

Der geregelte Tagesablauf ist wichtig, um nicht in einen Trott zu verfallen, denn seine beiden Gäste dürfen den Kirchengrund nicht verlassen. Eine psychische Belastung, der man sich stellen muss. Selbst ein Arztbesuch muss angemeldet werden bei der Staatsanwaltschaft. Der Pfarrer hat schon vor Jahren einmal Kirchenasyl gewährt, da war es noch ein bisschen lockerer.

"Da konnte ich noch mit Ihnen zusammen auf die Straße." Aber langweilig wird es nicht, denn das Pfarrhaus ist groß, sogar einen kleinen Fitnessraum gibt es. Gemeinsame Filmeabende sind nicht selten, und hier werden deutschsprachige Filme angeschaut. Dass seine Gäste Deutsch lernen, ist Klaus Wening sehr wichtig.

Gemeindesaal wird zum Klassenzimmer

So wird täglich der Gemeindesaal in ein Klassenzimmer verwandelt, in dem er dann Deutschunterricht gibt. Seine beiden Gäste sind auch wissbegierig, in Damaskus haben beide studiert; während Ahmad ein abgeschlossenes Ökologie Studium vorweisen kann, musste Bilal sein Studium wegen des Krieges unterbrechen. Sie wurden von IS-Schergen bedroht und sollten zum Militär eingezogen werden, deswegen entschlossen sie sich zur Flucht. Ahmad möchte, wenn alles klappt, in Deutschland eine Banklehre beginnen.

Sollte es in Syrien für beide wieder sicher sein, wollen sie zurückkehren, daran lassen sie keinen Zweifel. Syrien ist ihre Heimat. Aber auch in Marktredwitz wurden sie herzlich aufgenommen. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gingen nach dessen Angaben im vergangenen Jahr 355 Kirchenasylmeldungen für 506 Personen ein, deren Asylgesuch abgelehnt worden war.

Kirchen gewähren in Härtefällen abgelehnten Asylbewerbern Schutz mit dem Anliegen, dass die Behörden ihre Entscheidung noch einmal überdenken.

Kirchenasyl in Marktredwitz

Bundesamt entschärft Regeln für Kirchenasyl wieder

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) rückt von der zuletzt restriktiven Praxis gegenüber Kirchenasylen wieder ab. Wie die Behörde am 14. Januar in Nürnberg mitteilte, werden Schutzsuchende im Kirchenasyl nicht länger als "flüchtig" angesehen, wenn ihr Aufenthaltsort bekannt ist. Das hat zur Folge, dass die sogenannte Überstellungsfrist in der Regel nicht mehr auf 18 Monate ausgeweitet wird. Diese Ausweitung hatte Kirchenasyle nahezu unmöglich gemacht und wurde von Gerichten infrage gestellt. 

Die Verlängerung der Frist ging auf einen Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern aus dem Jahr 2018 zurück. Dabei ging es um Dublin-Fälle im Kirchenasyl, also Schutzsuchende, für deren Aufnahme und Verfahren eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig wäre. Wird eine Überstellung innerhalb eines halben Jahres nicht realisiert, geht die Zuständigkeit automatisch zu den deutschen Behörden über. Um das "Aussitzen" der Frist zu erschweren, entschieden sich die Innenminister für die Verlängerung.

Grundlage dafür war eine Regelung in der Dublin-Verordnung, die eine Frist-Verlängerung erlaubt, wenn der Asylbewerber als "flüchtig" gilt. Nach Aussage der Kirchen wurde die Fristverlängerung für Kirchenasyle nach dem Beschluss der Innenminister zum Regelfall. Im vergangenen Sommer äußerte das Bundesverwaltungsgericht aber Zweifel an der Praxis, da der Aufenthaltsort der Schutzsuchenden im Kirchenasyl in der Regel bekannt sei.
Diesen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts sowie weitere obergerichtliche Rechtsprechung würden nun umgesetzt, sagte ein Sprecher des Bamf. Er betonte aber auch, dass ein Kirchenasyl zu verlassen sei, wenn die Behörde entscheidet, dass kein besonderer, individueller Härtefall vorliege. "Die Einhaltung dieser Grundregeln ist essenziell, um die Akzeptanz des Kirchenasyls bei Behörden, Gerichten und Öffentlichkeit aufrechterhalten zu können und weiter zu stärken", sagte er.

In einem Merkblatt vom Bundesamt, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, heißt es, dass die Fristausweitung nun nur noch infrage kommt, wenn eine Ausländerbehörde einen Schutzsuchenden als "unbekannt verzogen" meldet, bevor die Kirchenasylmeldung beim Bundesamt eingeht, oder wenn eine Kirchengemeinde den konkreten Aufenthaltsort des Asylbewerbers nicht mitteilt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" begrüßte die Ankündigung des Bundesamts. "Wir nehmen diesen Schritt erleichtert zur Kenntnis. Er ist lange überfällig", erklärte die Vorsitzende Dietlind Jochims. 

Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gingen nach dessen Angaben im vergangenen Jahr 355 Kirchenasylmeldungen für 506 Personen ein. Einen Höchststand erreichten Kirchenasyle im Jahr 2016 im Zuge der großen Fluchtbewegung. In dem Jahr suchten nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft "Kirche und Asyl" mehr als 1.000 Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt worden war, Schutz in Gemeinden. Kirchen gewähren in Härtefällen abgelehnten Asylbewerbern Schutz mit dem Anliegen, dass die Behörden ihre Entscheidung noch einmal überdenken.