Aus einer Kirche wird ein Stadtteilzentrum: Das Diakonische Werk Augsburg (DWA) will die Kirche St. Johannes, das zugehörige Pfarrhaus und ein Gemeindehaus übernehmen. Geplant ist ein sogenannter Erbpachtvertrag, bei dem die Kirchengemeinde vom Pächter Diakonie einen jährlichen Zins bekommt. Das 1930 eingeweihte evangelische Gotteshaus soll dann samt Pfarr- und Gemeindehaus umgebaut werden. Die Diakonie will dort unter anderem Beratungsangebote unterbringen, erläutert Fritz Graßmann, theologischer Vorstand des DWA.

Herr Graßmann, warum übernimmt die Diakonie ausgerechnet eine 90 Jahre alte Kirche samt Nebengebäude, um dort ein Zukunftsprojekt zu planen?

Fritz Graßmann: Weil wir gesehen haben, dass die Gemeinde mit dieser Immobilie überfordert ist. Wir wollten Verantwortung mitübernehmen. Vor allem aber sehen wir das Projekt als eine Riesenchance für uns als Diakonie.

Inwiefern ist es eine Chance für Sie?

Graßmann: Der Stadtteil Oberhausen ist ein sozialer Brennpunkt in Augsburg. Wir sind dort als Diakonie schon immer aktiv: in der Wohnungslosenhilfe, der Flüchtlingsbetreuung, mit der Sozialpsychiatrie. Gleichzeitig spielt das diakonische Arbeiten in der Kirchengemeinde St. Johannes eine große Rolle. Nun haben wir die Möglichkeit das alles zu bündeln und zu zeigen: Kirche und Diakonie sind im Stadtteil präsent. Sie stellen sich den gesellschaftlichen Herausforderungen, – und sie sind für die Menschen da.

Mit welchen Angeboten wollen sie in St. Johannes präsent sein?

Graßmann: Wir wollen dort Beratungsangebote zusammenziehen, also etwa die Wohnungslosenbetreuung, Migrationsberatung oder den sozialpsychiatrischen Dienst. Insgesamt sollen es 50 bis 70 Büro-Arbeitsplätze werden. Es soll aber auch Wohngruppen geben, unsere Kleiderkammer "Kiloweise" soll dort Räume bekommen und wir planen ein kleines Café.

Hat die Kirchengemeinde auch noch ihren Platz in St. Johannes?

Graßmann: Natürlich Ein Teil von St. Johannes wird zur "Diakoniekirche". Darin kann dann auch die Gemeinde ihre Gottesdienste abhalten. Etwa 200 Menschen sollen darin Platz haben.

Also ein diakonisch-kirchliches Zentrum?

Graßmann: Ja, aber nicht nur das. Es soll ein Zentrum für den ganzen Stadtteil werden. Wir würden gerne Räume an städtische Akteure im Quartier vermieten. Die Volkshochschule hält bereits Sprachkurse im alten Pfarrhaus. Das kann so bleiben. Wir wollen mit dem Zentrum für das Quartier da sein. Es soll ein Projekt werden, bei dem Diakonie, Kirche und Stadt eng zusammenrücken.

Wie sieht St. Johannes dann künftig aus?

Graßmann: Die Kirche soll komplett umgestaltet werden. Es wird darin neben dem Sakralraum auch Büro-, Gruppen- und Besprechungsräume geben. Auch den Turm der Kirche wollen wir integrieren. Das dürfte noch spannende Gespräche mit dem Denkmalschutz geben.

Wann soll der Umbau beginnen?

Graßmann: Zunächst müssen wir die Finanzierung klären. Wir sprechen da von etwa 10 Millionen Euro. Ohne Förderung von evangelischer Landeskirche und Dekanat geht das nicht. Beide haben Zustimmung signalisiert. Ich wäre froh, wenn wir im nächsten Jahr den Startschuss geben könnten – pünktlich zum 125. Jubiläum des Diakonischen Werks.

Sehen sie St. Johannes für die Zukunft als ein neues Zentrum des Augsburger Diakonischen Werks?

Graßmann: Das wird so sein. Wir werden dort viel Kraft bündeln. Aber es soll eben nicht nur ein Zentrum für Diakonie und Kirche werden, sondern ein lebendiger Mittelpunkt für das gesamte Quartier.

Die Kirche St. Johannes

Die evangelische Kirche St. Johannes im Augsburger Stadtteil Oberhausen wurde im Juni 1930 geweiht – zum 400. Jahrestag der "Confessio Augustana", des "Augsburger Bekenntnisses". Ihr wehrhaftes Aussehen mit dem wuchtigen Kirchturm sollte damals durchaus ein Zeichen setzen in dem überwiegend katholisch geprägten Stadtteil. Die Kirchengemeinde gibt es bereits seit 1877. Sie war ein Ableger der evangelischen Gemeinde Heilig Kreuz. Heute hat die Gemeinde St. Johannes etwa 3000 Mitglieder. Neben dem Gemeindehaus in der Zollernstraße, das die Diakonie übernehmen will, gibt es noch ein zweites in der Eschenhofstraße. Dorthin soll künftig die gesamte Gemeindearbeit verlagert werden.