Beate Baberske holt tief Luft. "Paramente haben in vielen evangelischen Gemeinden keinen so guten Ruf", sagt die Textilkünstlerin. Das liege vor allem an der "Katalog- und Stangenware", die vielerorts hängt, meint die künstlerische Leiterin der Paramentik der Diakonie Neuendettelsau. Oft hätten die Kirchenvorstände oder Pfarrer künstlerisch eher zweifelhafte Pultbehänge mit immergleichen Motiven vor Augen.

Doch dem theologischen Anspruch und dem Potenzial von textiler Kunst werde das nicht gerecht, sagt Baberske: "Über gute Paramente muss man nicht reden. Sie wirken einfach auf die Besucher."

Älteste Paramentenwerkstatt der Welt

Die Neuendettelsauer Paramentenwerkstatt ist heute die älteste noch bestehende evangelische weltweit – und die einzige in Bayern. Am 2. Februar wird sie 160 Jahre alt.

Derzeit stellen vier Mitarbeiterinnen Textilkunst für Kirchenräume und Gewänder her. 1856 wurde die Werkstatt von Wilhelm Löhe gegründet, den theologischen Grundstein dafür hatte er im Buch "Vom Schmuck der heiligen Orte" gelegt.

Bei der Gestaltung der evangelischen Kirchen und der Gottesdienst-Kleidung der Pastoren zur Zeit Löhes herrschte große Beliebigkeit: Selbst "ein Theaterschneider" könne dazu "besseren Rat geben als die Pfarrer und ihre Weiber"!

Jetzt wird es richtig farbenfroh

Beate Baberske arbeitet seit über 20 Jahren für die Paramentik der Diakonie. Neben der künstlerischen und kunsthandwerklichen Arbeit berät sie vor allem Gemeinden, die sich neue Paramente anschaffen wollen.

Wie groß deren Wirkung sein kann, zeigt sie gerne mit einem kleinen Experiment. "Wir räumen die Kirche leer", sagt sie. Blumenschmuck raus, alte Paramente raus – nur das fest verbaute Inventar wie Pulte, Altäre, Chorgestühl und Sitzreihen bleiben drin. "Wenn ein Kirchenraum dann so ›nackig‹ ist, sorgt das oft für großes Erstaunen", sagt die 45-Jährige: "Denn dann erkennt man besonders deutlich, wie Farben und Formen wirken und die Verkündigung im Gottesdienst unterstützen können."

Viel Geld verdient man mit der Paramentik nicht. Darum geht es aber auch gar nicht, betont Diakonie-Sprecher Thomas Schaller: "Neuendettelsau ohne die Paramentik, das ist schwer vorstellbar.

Künstlerischer und theologischer Anspruch

Sicher auch, weil Wilhelm Löhe diese Wissenschaft mitbegründet hat." In ihrem künstlerischen und theologischen Anspruch sieht Baberske das Alleinstellungsmerkmal der Paramentik Neuendettelsau.

Zu ihrem "unrunden" Jubiläum anlässlich ihres 160-jährigen Bestehens möchte die Paramentik den Kirchenraum von St. Laurentius erneuern. "Das ist gar nicht so leicht", sagt Baberske. Denn die Kirche wird sowohl für große Gottesdienste verwendet, als auch von den Diakonissen zum Tagzeitengebet genutzt.

Außerdem soll es dort eine Kunstinstallation geben, ähnlich der, die Baberske im Mai 2017 beim Evangelischen Kirchentag in Berlin gezeigt hatte: zwei begehbare, transparente Textilwürfel, die im Raum schweben.

Immer mehr Farbe hält Einzug

Zu guter Letzt zeigt das Museum "Kirche in Franken" in Bad Windsheim ab dem 4. Mai die Ausstellung "Zu Ende gewebt – Textilkunst für die letzte Reise".

Die textile Kunst im sakralen Raum ändert sich. Die Farbe hält immer mehr Einzug – bei den Evangelischen durch Stolen an den Talaren, bei den Katholiken an Altären und Pulten, denn: "Dort fehlen vielerorts die Pfarrer, die an ihren Kaseln die liturgischen Farben tragen können – und Laien dürfen das nicht", sagt Beate Baberske.

Die Arbeit geht den vier Textilkünstlerinnen von der Paramentik Neuendettelsau also so schnell nicht aus.