Im Prozess gegen den 38-jährigen Logopäden Oliver H., der sich unter anderem wegen 66-fachen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor dem Landgericht Würzburg verantworten muss, sind am Freitag die ersten Zeugen vernommen worden. Die Vernehmung von zwei Vätern betroffener Kinder fand - wie auch der Prozessauftakt am Donnerstag - größtenteils ohne Öffentlichkeit statt. Der Ehemann des Logopäden war ebenfalls als Zeuge geladen, sein Erscheinen vor Gericht währte aber nur kurz. Er verweigerte die Aussage und wurde wieder entlassen. Für den Prozess sind bis Ende April neun Verhandlungstage angesetzt.

Ehemann des Angeklagten verweigert Aussage

Prozessbeobachter hatten das Aufeinandertreffen von Oliver H. mit seinem Ehemann im Gerichtssaal mit Spannung erwartet. Gegen den Ehemann war nach der Festnahme des Logopäden im März 2019 zuerst auch ermittelt worden - inzwischen steht aber fest, dass er wohl keine Kenntnis von den Taten seines Partners hatte. H. suchte am Freitag im Gerichtssaal auffallend deutlich den Blickkontakt zu seinem Mann, der allerdings wich diesen Blicken betont aus. Er verweigerte die Aussage, ließ über seinen Anwalt allerdings erklären, dass seine zwei polizeilichen Vernehmungen im Prozess verlesen und verwertet werden dürfen.

Der Ehemann war stellvertretender Leiter einer evangelischen Kita, die auch Tatort war: In der integrativen Einrichtung verging sich Oliver H. während oder nach Einzeltherapien an den zum Tatzeitpunkt zwischen zwei und sechs Jahre alten Jungen. Alle sieben bekannten Opfer sind teilweise schwerbehindert oder entwicklungsverzögert. Er suchte sich laut Anklage offenbar bewusst Opfer aus, die über ihren Missbrauch nicht berichten können. Als Tatzeitpunkt wählte er wohl immer kurz nach 9 Uhr am Morgen, wenn die Erzieher der Kita mit den anderen Kindern beim gemeinsamen Morgenkreis zusammensaßen.

Öffentlichkeit am zweiten Prozesstag erneut ausgeschlossen

Bereits zu Beginn des zweiten Prozesstages wurde die Öffentlichkeit vom Vorsitzenden Richter Michael Schaller erneut ausgeschlossen. Zur Begründung hieß es, dass "schutzwürdige Diskretionsinteresse der Nebenkläger" überwiege gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an dem Prozess. Ein Gerichtssprecher berichtete, die beiden Väter hätten teils "sehr bewegt" ausgesagt. Im Umfeld der Kinder sei nicht immer bekannt, dass sie zu den Betroffenen des Falls zählen. Deshalb sei der Ausschluss der Öffentlichkeit und der Medien geboten, um eine mögliche oder weitere Stigmatisierung der Kinder zu verhindern. 

Der 1982 in Wolgast geborene Angeklagte war bis zu seiner Verhaftung im März vor einem Jahr und Bekanntwerden der Vorwürfe ein gefragter Therapeut. Er soll in 66 Fällen Kinder schwer sexuell missbraucht sowie davon kinderpornografischer Material angefertigt und dieses verbreitet haben. Die Kinder waren zur Tatzeit zwischen zwei und sechs Jahre alt, die Tatorte waren neben zwei Praxen des Angeklagten auch zwei Kitas in evangelischer Trägerschaft in Würzburg.