Die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern hat bei Ihrer Verabschiedung launige Worte gebraucht und Sie als »frechsten und schnodderigsten Dekan, den Neustadt je hatte« bezeichnet. Hat sie damit Ihre Person richtig charakterisiert?

Matthias Ewelt: Frech und schnodderig werde ich nur da, wo Starrheit herrscht. In dieser Hinsicht musste sich die Regionalbischöfin hin und wieder bei der Obrigkeit der Kirchenleitung für mich entschuldigen. Ich bin aber immer nur für andere frech. Da, wo es um das Wohl der Gemeinden geht beispielsweise, und dazu stehe ich nach wie vor. In der Diakonie ist das noch wichtiger, weil es da immer um die Menschen geht. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich im Grunde ein friedlicher Mensch bin. Es ist wohl eine angenehme Frechheit, die mich auszeichnet, und die Rückmeldungen seitens der Gemeinde nach sechseinhalb Jahren als Dekan passen auch dazu.

 

Werden Sie ähnlich bald auch als Theologischer Vorstand der Stadtmission auftreten?

Matthias Ewelt: Ich denke schon. Hier bin ich auch für den Bereich der auskömmlichen Pflege für die Menschen zuständig. Auskömmlich bedeutet, es muss dem gut gehen, der gepflegt wird, dem, der pflegt und dem, der das Ganze organisieren muss. Ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und für das ich mich auch im Sinne der Betroffenen einsetzen möchte. Und zwar sowohl für die zu Pflegenden als auch für die, die für die Menschen arbeiten. Die Problematik zieht sich ja schon lange durch die Medien: Niemand möchte unter Zeitdruck gepflegt werden, aber ändern tut sich nichts. Da kann ich dann auch mal ärgerlich werden, wenn es nicht vorwärts geht.

 

Was hat Sie dazu bewogen, sich um das Amt des Theologischen Vorstand der Stadtmission zu bewerben?

Matthias Ewelt: Das ging alles recht schnell. Mittelfristig hatte ich vor, mal in den Bereich der Diakonie zu wechseln. Die Stellenanzeige kam dann sogar auf zufälligem Wege zu mir: Nachdem sie mir jemand weiter geleitet hatte und dazu schrieb „schau mal, wie für dich geschrieben, wehe, du bewirbst dich!“. Was da aber drin stand, das passte wie die Faust aufs Auge, da musste ich mich einfach bewerben.

 

Pfarrer und vor allem Dekane klagen manchmal darüber, in ihrem Beruf sehr viel Zeit mit Verwaltung zu verbringen, wie das als Vorstand einer Organisation wie der Stadtmission ja an der Tagesordnung ist. Wie stehen Sie dazu?

Matthias Ewelt: Ich habe mich schon als Dekan immer wohl gefühlt, wenn ich Dinge einfach ermöglichen konnte. Im Dekanat war das die Gemeindearbeit, hier ist es nun das Diakonische. Neu bei meiner Funktion in der Stadtmission ist die Selbstverantwortung der Stadtmission. Hier Dinge voran zu bringen, da habe ich Lust drauf.

 

Der Vorstand der Stadtmission besteht aus drei Personen, Sie haben den theologischen Part. Wie äußert sich das?

Matthias Ewelt: Glücklicherweise hat die Diakonie in Bayern nicht den Fehler gemacht wie anderorts, wo man sämtliche Pfarrer aus den Gremien entfernt und gegen Betriebswirte ersetzt hat. Insofern bringe ich hier meine Kenntnisse in theologischen Fragen ein. Zum Beispiel in der Beziehung zu den Kirchengemeinden, zu den Haupt- und Nebenamtlichen, zu allem, was gottesdienstliches Leben oder den Kontakt zu Religionspädagogen und Pfarrern angeht. Zudem bin ich der Mahner zu zeigen, wo sich Kirche in der Stadtmission zeigt und der diakonische Gedanke sichtbar bleibt. Wir kümmern uns um Menschen nicht besser als andere, aber machen das aus einer christlichen Haltung heraus.

 

Sie sind ja gleichzeitig nun auch Vorstandssprecher der Diakonie Erlangen. Wie passt das zusammen?

Matthias Ewelt: Beide Institutionen waren bis Mitte der 2000er-Jahre selbstständig, als die Diakonie Erlangen dann Schwierigkeiten bekam und nach einem langen Dialog Formen der gemeinsamen Arbeit fand. Stadtmission und Diakonie Erlangen haben beide nach wie vor eigene Gremien und sind rechtlich getrennt, nutzen aber viele Synergie-Effekte. In Erlangen bin ich der Ansprechpartner für regionale Aufgaben der Diakonie.

 

Was war das für ein Gefühl, plötzlich ohne Amtskreuz da zu stehen?

Matthias Ewelt: Das war sogar lustig. Im Vorfeld habe ich mit den Kollegen über die „Entreißung“ des Amtskreuzes gewitzelt. Die Regionalbischöfin hat dieses Wort dann auch in ihrer Predigt aufgegriffen, es haben alle gelacht. Ich bin kein Mensch, der das Herausheben Einzelner mag und verstand mich mit Kreuz auch nicht als besonderer Pfarrer.

 

Aber Sie werden doch hin und wieder mal wieder Gottesdienste halten?

Matthias Ewelt: Ich habe sogar sehr interessante, zum Beispiel in der Wärmestube in Nürnberg. Da ist man so richtig an der Basis. Besonders freue ich mich auch auf den Gottesdienst an Heiligabend am Hauptbahnhof mitten in der Bahnhofshalle. Außerdem werden mich Pfarrerkolleginnen und –kollegen sicher ab und zu um Gottesdienstvertretungen bitten.

 

Auf welche Fettnäpfchen wollen Sie Ihre Nachfolgerin Ursula Brecht auf jeden Fall hinweisen?

Matthias Ewelt: Da werden wir demnächst drüber sprechen. Frau Brecht soll vor allem einen guten Abschluss in ihrer Gemeinde hinbekommen und dann will ich gerne ihre Fragen beantworten. Aber es sind weniger die Fettnäpfchen, auf die es hinzuweisen gilt, sondern mehr die Dinge, die leider liegen geblieben sind.

 

Und auf was oder wen darf sie sich am meisten freuen?

Matthias Ewelt: Landgemeinden wie die im Dekanatsbezirk Neustadt haben ein tolles Flair, und es gibt dort viel herzliches Engagement. Wenn man sich darauf einlässt, hat man eine gute Zeit. Außerdem fand ich persönlich, dass man klar entscheiden sollte, ob man sich als verlängerter Arm der Kirchenleitung versteht, oder als Fürsprecher der Basis.

 

Oft wird Ihre Leidenschaft fürs Motorradfahren angesprochen…

Matthias Ewelt: Völlig zu Unrecht! Ich bastle zwar gerne an Motorrädern, fahre aber kaum.  An Motoren herum schrauben hat mir jedoch im Beruf immer geholfen, weil man dabei einfach völlig abschalten kann. Leider komm ich immer weniger dazu.