Tatendurstig und trittbereit sammeln sich die Rad-Stadttourer vor dem Alumneum. Doch vor den Antritt hat Leiter Klaus-Peter Rueß die Information gesetzt. Also: Räder ordentlich abstellen, wenn möglich absperren, und ums Eck hinein in die herrlich kühle Dreieinigkeitskirche. Hier erläutert der promovierte Chemiker im Ruhestand auf großen Schautafeln, was vor 400 Jahren in der Stadt los war.

Klaus-Peter Rueß hat sich seit seinem Ruhestand mit der Evangelischen Geschichte in Regensburg befasst. Er untersuchte die Baugeschichte des Gesandtenfriedhofs, sorgte für ordentliche Wikipedia-Eintragungen, und ist unermüdlicher Führer und Erzähler des protestantischen Regensburgs. Bei der ersten der beiden gleichen Führungen geht es zurück in die Jahre 1632-34. "Regensburg hat vom Dreißigjährigen Krieg nur am Rande etwas mitbekommen, quasi ein Streifschuss", sagt Rueß. Angesichts der Zerstörung ganzer Landstriche sei die damals wohlhabende Stadt fast verschont geblieben.

Nur am Rand getroffen

Die Stadt wurde nur zwischen 1632 und 1634 getroffen: erst die Besetzung der Stadt durch bayerische Truppen, im November 1633 der Einfall der schwedischen Truppen, denen die in eineinhalb Jahren errichteten Befestigungsanlagen nur eine Woche standhielten, und schließlich die Vertreibung der schwedischen Truppen.

Auf dem benachbarten Gesandtenfriedhof liegen nicht, wie man vermuten könnte, nur Gesandte des Immerwährenden Reichstags. "Die ersten Gräber sind von höher gestellten Offizieren des Dreißigjährigen Krieges", informiert Stadtführer Rueß. Identifiziert werden kann jedoch niemand, denn die ganzen Regimentslisten seien bei einer großen Niederlage der Schweden in Nördlingen verbrannt.

Ein Grab ist einem Offizier "Schaffgotsch" gewidmet, Mitglied der katholischen Wallenstein-Armee. Wegen angeblicher Verschwörung wurde er auf dem Haidplatz enthauptet. Makaberer Nebeneffekt: "Die Verdächtigen wurden getötet, damit man sich deren Ländereien aneignen konnte, um davon wiederum die Mörder zu bezahlen", schildert Rueß.

In Schlangenlinien durch die Stadt

Später stellte sich heraus, dass Schaffgotsch zu Unrecht hingerichtet worden war. Er gestand auch unter Folter nicht, und wurde offiziell unschuldig hingerichtet. Es folgte ein großer Justiz-Skandal, die Familie prozessierte lange und wurde später entschädigt.

Dann hinauf aufs Rad und langsam und in Schlangenlinien durch die Stadt. Von den damaligen Befestigungen ist nach fast 400 Jahren ein Hügel im Park von Thurn und Taxis sichtbar. Besucher des Weihnachtsmarkts können hinaufsteigen, oben ist in der Adventszeit eine Bar aufgebaut. Hier schossen vor 380 Jahren Kanonen entlang der damaligen Stadtmauer, etwa in Richtung des heutigen Gymnasiums der "Englischen Fräulein", um damals Angreifer abzuwehren.

Gut zwei Stunden dauert die Stadtteiltour, die den Teilnehmern die Augen für unscheinbare Details einer kriegerischen Zeit öffnen wird.

Klaus-Peter Rueß bei der Stadtführung durch die Regensburger Geschichte.
In der Dreieinigkeitskirche gibt Klaus-Peter Rueß auf vergrößerten Merian-Stichen eine Vorstellung der Stadt des Mittelalters.

INFO

Die Radführung ist am Samstag, 8. September 2018. Treffpunkt ist um 15 Uhr vor dem Haupteingang des Alumneums, Am Ölberg 2. Mitfahrende zahlen 6 Euro, ermäßigt oder als ADFC-Mitglied vier. Der nächste monatliche ADFC-Treff ist am 4. September im Spitalkeller.