"Es ist eine Ehre für mich, diese Rolle spielen zu dürfen", sagt Thomas Fries über seine Rolle des Jesus in den Neumarkter Passionsspielen. Bereits zum zweiten Mal darf der Neumarkter den Sohn Gottes in den Passionsspielen verkörpern. "Das letzte Mal war 2009", erklärt Fries. Genau wie die weltberühmten Passionsspiele in Oberammergau wird auch in Neumarkt das Leiden und Sterben Christi alle zehn Jahre auf die Bühne gebracht.

Insgesamt spielen fast 400 Menschen mit, die jüngste Person ist ein Jahr alt, der älteste Darsteller 82 Jahre. "Unsere Truppe ist riesig. Neben den elf Hauptdarstellern gibt es unglaublich viele Nebenrollen. Nicht zu vergessen das Volk, die Chormitglieder und Musiker", erzählt Regisseur Michael Ritz, der dieses Jahr zum ersten Mal die Neumarkter Passionsspiele inszeniert. Darüber hinaus gibt es hinter der Bühne an die 100 fleißige Helfer, die sich um Bühnenaufbau, Licht, Requisiten, Kostüme, Maske und den Einlass kümmern.

Theater ist oft Organisation von Chaos

"Ich wollte in diesem Jahr eigentlich auch im Volk mitspielen. Ich hatte auch ein paar Proben, doch ich habe schnell gemerkt, dass Spielen und Organisation nicht vereinbar sind. Ich musste mich auf eins konzentrieren", berichtet Franz Ebenhöch, der 2009 zum ersten Mal mitgespielt hat und heuer – wie er selbst sagt – aus der Not heraus Organisationsleiter der Passionsspiele wurde. "Theater ist oft Organisation von Chaos", ergänzt Regisseur Michael Ritz. "Bei so vielen Mitwirkenden nicht den Überblick zu verlieren, da braucht man definitiv Disziplin, vor allem hinter der Bühne. Ich denke aber, dass wir das alles ganz gut sortiert haben."

Bereits vor zwei Jahren haben die Vorbereitungen für die diesjährigen Neumarkter Passionsspiele begonnen. "Da haben wir uns die Kleine Jurahalle reserviert. Außerdem mussten wir uns frühzeitig Helfer organisieren, die zum Beispiel beim Auf- und Abbau mit anpacken", berichtet Ebenhöch. Geprobt wurde seit Mitte Oktober 2018, jede Woche immer von Donnerstag bis Sonntag – außer zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König.

Passionsspiele in Neumarkt haben eine lange Tradition

Alle Mitwirkenden sind Laiendarsteller, die meisten davon spielen seit Jahren in anderen Amateurgruppen in der Region mit. So auch Conny Lang. Die Neumarkterin gehört zu den elf Hauptdarstellern, sie verkörpert Maria Magdalena. Der Glaube war für sie kein Anlass, um bei den Passionsspielen mitzuwirken. "Ich spiele einfach sehr gerne Theater. Ich war neugierig, wie es ist, in so einer großen Truppe mitzuspielen. Aber ich habe trotzdem festgestellt: Je länger ich für die Passionsspiele geprobt und das Ganze miterlebt habe, desto mehr habe ich einen Zugang zu der Thematik gefunden. Man beschäftigt sich automatisch mit dem Glauben und der Religion. Ich habe hinterfragt, von was Jesus da eigentlich spricht und was das auch für mich bedeuten kann."

Das Thema Religion war dagegen für Regisseur Michael Ritz eine Herausforderung. "Fast jeder kennt die Leidensgeschichte Jesu. Der Inhalt der Passionsspiele ist schon von Haus aus sehr aufgeladen. Die meiste Arbeit lag darin, diese Geschichte auf ein Normalmaß herunterzubrechen. Es sollte keine Kirchenveranstaltung werden. Der Zuschauer soll nachvollziehen können, dass es in dieser Geschichte Menschen wie du und ich gibt."

Die Passionsspiele in Neumarkt haben bereits eine sehr lange Tradition. Die Anfänge reichen in die Zeit der Gegenreformation zurück. "Das heute aufgeführte Spiel ist eine literarische Neuschöpfung aus den Jahren 1921/1922", erklärt Regisseur Michael Ritz. In Neumarkt rief man in dieser Zeit die Erinnerung an die im Zuge der Aufklärung erloschene Passionsspieltradition wieder wach. Mittlerweile hat sich die Neumarkter Spielgemeinschaft einen wichtigen Platz in der Passionsspiellandschaft erobert und ist Mitglied der "Europassion", der über 90 Passionsspielorte in 15 Ländern Europas angehören.