Wer hat das schon einmal erlebt? Da wartet man lange und rangelt sich um den besten Platz vor der Nürnberger Frauenkirche, um das Christkind bei der Eröffnung des Christkindlesmarkts zu sehen – dann heben plötzlich die Eltern ihre Kinder auf die Schultern. Nichts mehr zu sehen, außer Köpfe und Kapuzen. Das war’s dann mit dem Premium-Platz. Oder wer hat seine Koch- und Back-Rituale zu Weihnachten von Kindesbeinen an so kultiviert, dass ein Mahl am Christbaum ohne dampfende Rouladen oder "Berliner Brot", wie im Falle Stauchs, einfach nicht denkbar ist?

Der Journalist im Ruhestand ist tief in sich gegangen und hat seine Erinnerungen rund um das "Fest aller Feste" notiert. Darunter auch Eindrücke jüngeren Datums, wie in der Geschichte vom Adventssingen im Nürnberger Fußballstadion, das 2018 das erste Mal stattfand. Oder die Erzählung von Muhammad, der aus Syrien nach Deutschland kam. In seiner Ein-Zimmer-Wohnung wohnt der ehemalige Bankangestellte mittlerweile in Nürnberg zusammen mit seiner Frau, die er mithilfe der Familie Stauch nachholen durfte. Gemeinsam hat man im vergangenen Jahr Weihnachten gefeiert. In diesem Jahr wird das syrische Paar zu dritt sein, man erwartet Nachwuchs. "Die kleine Chakira ist bereits auf der Welt. Aber für die Geschichte war es dramaturgisch natürlich schöner, ihre Geburt pünktlich zum Fest anzukündigen", meint Stauch.

Ungereimtheiten und ein ominöser Protagonist

Nicht die einzige "Ungereimtheit" in dem rund 100 Seiten starken Werk, dessen Protagonist ein ominöser "B." ist, was für den Buchschreiber "Bruno Busch" steht, der auf dem von Cartoonist Jörg Halsema gestalteten Cover angegeben ist. Warum versteckt sich Stauch hinter einem Alter Ego? "Ich wollte schon immer so heißen", lacht er und erklärt, sein Nachname sei meistens als "Strauch" verstanden worden – und Bruno hieße er tatsächlich mit zweitem Vornamen.

Wirklich passiert ist aber die Geschichte mit dem Ehrungsfoto, das der 65-Jährige als langjähriger Referent für Öffentlichkeitsarbeit des Diakoniewerks Martha-Maria in Nürnberg einst schießen musste. Sein damaliger Chef habe sich zuerst mittendrin platziert, um nachher festzustellen, lieber doch nicht so prominent in der Presse erscheinen zu wollen. Seine Bitte – "Retuschieren Sie mich da bitte raus" – stellte den Fotografen vor ein ernsthaftes Problem. Dank Bildersoftware erschien dann anstelle des Chefs ein großer Christbaum inmitten der Geehrten.

Ein Stück weit Kindheitsaufarbeitung

Und wahr ist freilich auch die Titelgeschichte rund um die Krippenfigur des Jesuskinds, das nicht wie Schafe, Maria und Josef aus Holz, sondern aus Bienenwachs bestand. Weil der kleine Ingo den kleinen Jesus gar so intensiv herzte und küsste, hatte dies irgendwann seine Spuren sichtbar hinterlassen. Die nächsten Weihnachtsfeste lag das Kind kopflos in seiner Krippe, und Ingo schämte sich für seine Unachtsamkeit bis ins Teenie-Alter.

Insofern sind die Geschichten in dem über "Books on Demand" online bestellbaren Büchlein auch ein Stück weit Kindheitsaufarbeitung. Die hat das Mitglied im Autorenverband Franken und in der Autorengruppe "Wortkünstler Mittelfranken" bereits in der Anekdotensammlung "Dicke Birnen – Geschichten von B." (2018) und den Pilgernotizen "Eine Socke zu wenig – Geschichten von B. auf dem Jakobsweg" (2019) verarbeitet.

Stauch schreibt für sich und für die Menschen

Reich werden will er mit seinen Werken nicht. Ist auch schwierig, wenn ein Buch nur sieben Euro kostet, wie "Das angeknabberte Jesuskind". Stauch schreibt für sich und – wie auch während seiner gesamten journalistischen Laufbahn – für die Menschen, denen er mittlerweile seine Storys auch vorliest, wenn er eingeladen wird.

Seine Frau hatte gesagt, er müsse für sein Weihnachtsbuch 24 kleine Stücke schreiben. "Ich hätte noch mehr gehabt", lacht Stauch. Vielleicht gibt’s ja eine Fortsetzung.

Buch-Tipp

Bruno Busch: Das angeknabberte Jesuskind.

Bruno Busch: Das angeknabberte Jesuskind.
Verlag Books on Demand, 111 Seiten, 7 Euro.